Kanzlei alt & partner Fulda / Weimar

Wirtschaftsprüfer Hans-Dieter Alt zur Frage: Helfen die Corona-Hilfsprogramme?


Foto: alt & partner

05.04.2020 / ANZEIGE - Die Corona-Krise bestimmt den Alltag aller Bürgerinnen und Bürger. Unternehmen werden aktuell auf die wohl schwerste Bewährungsprobe in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Politik und Verbände beraten und beschließen fast ununterbrochen Hilfsprogramme zur Rettung der Betriebe und damit auch der Arbeitsplätze. Die Sorgen sind jedoch riesig, bei Unternehmern und bei Beschäftigten.



Wir sprechen über die aktuelle Situation mit einem erfahrenen Berater, der täglich mit den Problemen konfrontiert ist. Unser Gesprächspartner ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Hans-Dieter Alt, Gründer der Kanzlei alt & partner mit Standorten in Fulda und Weimar.

Herr Alt, wie ist die Lage in der heimischen Wirtschaft?
"Wenn ich die Situation unserer Mandanten heranziehe, dann ist die Situation bei sehr vielen Unternehmen schon jetzt sehr angespannt. Stark betroffen sind die Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb komplett einstellen mussten, also Einzelhandelsunternehmen, Hotels und Restaurants aber auch die Reisebranche. Keine Umsätze aber noch immer Kosten und auch Zahlungsverpflichtungen aus bestehenden Krediten führen viele an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Es gibt andererseits auch Branchen, die weiterhin gut beschäftigt sind wie die Handwerksbetriebe aber auch der ein oder andere Maschinenbauer. Insgesamt sind die Sorgen in der Wirtschaft jedoch extrem groß."

Helfen die vom Staat eingesetzten Hilfsprogramme?
"Sicherlich sind die staatlichen Hilfen wirksam geworden. Die wichtigste Maßnahme ist das meiner Sicht die Verbesserung im Bereich des Kurzarbeitergeldes. Dadurch können die Personalkosten weitestgehend reduziert werden. Ein Problem könnte durch die verzögerte Erstattung des Kurzarbeitergeldes entstehen."

Die Soforthilfen sollen kurzfristig ausgezahlt werden?
"Unsere Erfahrungen sind unterschiedlich. Überwiegend wurden die Anträge schnell bearbeitet und auch positiv entschieden. Die Auszahlung erfolgte ebenfalls kurzfristig, hier kann man den Behörden nur ein Lob aussprechen. Andererseits gibt es auch Anträge, die über längeren Zeitraum nicht bearbeitet wurden. Bei der Fülle der Anträge überrascht das auch nicht."

Man hört von Unsicherheiten bei den Soforthilfen. Ist das auch Ihre Erfahrung?
"Ja, es gibt durchaus Interpretationsfragen und Ermessensfragen. Legt man den Inhalt der Anträge eng aus, müsste beispielsweise verfügbare Liquidität eingesetzt werden, bevor man eine Soforthilfe in Anspruch nehmen kann. Teilweise raten aber selbst staatliche Instanzen freie Kontokorrentlinien nicht auszuschöpfen, sondern für den Zeitraum ab Juli, als Reserve zu halten. Auch verfügbares Eigenkapital solle zurückgehalten werden für den Fall, dass der Shutdown länger als erwartet andauert. Wir befinden uns in einer außergewöhnlichen Situation. Für viele Unternehmen wird es ums Überleben gehen. Daran muss man seine Entscheidung orientieren."

Fast alle Unternehmen machen aufgrund des Shutdown Verluste. Was entscheidet, wer durch die Krise kommt und wer auf der Strecke bleibt?
"Verluste sind nur die Ursache von Unternehmenszusammenbrüchen. Das Überleben der Unternehmen entscheidet sich allein an der Zahlungsfähigkeit. Zahlungsunfähigkeit führt zur Insolvenz. Von daher ist in der jetzigen Situation die wichtigste Aufgabe, für ausreichend Liquidität zu sorgen. Das hat oberste Priorität."

Helfen die staatlichen Programme zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit?
"Die staatlichen Hilfsprogramme helfen vielen Unternehmen aber nicht allen. Ein positives Beispiel hat das Land Hessen Mitte dieser Woche gegeben. Hessen hat ein Programm Mikrokredite für kleine Unternehmen auf den Weg gebracht. Unternehmer und Freiberufler, die bis zu 50 Mitarbeitern beschäftigen, können direkt bei der Wirtschaftsförderbank des Landes Hessen, der WI Bank, Liquiditätskredite bis zu 30.000 Euro beantragen. Der Kredit wird an den Unternehmer selbst ausgezahlt, der ihn in das Unternehmen einlegen muss. Voraussetzung ist das die Tragfähigkeit des Unternehmens durch IHK,  Handwerkskammer oder eine regionale Fördergesellschaft bestätigt wird. Hierzu muss der Unternehmer ein Gespräch bei der für ihn zuständigen Institution führen. Für kleine Unternehmen ist dies aus meiner Sicht eine sehr gute Hilfsmaßnahme."

Wie ist Ihre Meinung zu den vom Staat verbürgten Liquiditätskrediten?
"Für einen Teil der Unternehmen bieten die vom Staat verbürgten Kredite eine hervorragende Hilfe, um die Liquidität zu sichern. Es gibt aber eine große Zahl von Unternehmen die aufgrund ihrer auch bisher nicht ausreichenden Bonität aktuell keine Kredite bekommen können, trotz Bürgschaft. Dies liegt an den rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Banken binden. Man muss aber deutlich machen, dass auch diese Unternehmen vor dem Shutdown überlebensfähig waren und auch nach den erzwungenen Stillstand wieder sein können. Ihnen muss über die aktuellen Schwierigkeit hinweg geholfen werden. Dazu muss entweder der Staat die Kredite zu 100 % verbürgen oder die Kreditvergaberegeln müssen vorübergehend gelockert werden. Das muss von der Politik eingefordert werden."

Wie schätzen Sie die Dauer der Krise ein?
"Wir beraten unsere Mandanten bei der Erstellung von Liquiditätsplänen zu Ermittlung der benötigten Finanzmittel. Wir empfehlen aktuell die Zeit des Shutdown bis Ende Juni anzunehmen. Auch nach Lockerung der derzeitigen Auflagen werden die Unternehmen nicht sofort wieder auf dem Niveau vor dem Shutdown arbeiten können. Wir müssen davon ausgehen, dass erst zum Jahresende hin eine gewisse Normalität einsetzen wird." +++

Die Kanzlei alt & partner in der Fuldaer Königstraße.

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