"Frau abgeschlachtet!"
Letztes Wort des Angeklagten: "Ich bin schuldig!" - Plädoyers im Mordprozess
Fotos: O|N
27.03.2020 / FULDA -
Vorletzter Akt im aktuellen Mordprozess im Fuldaer Landgericht: nach Abschluss der Beweisaufnahme folgten am Donnerstag die Plädoyers. Lebenslänglich, forderten Staatsanwältin und die beiden Anwälte der Nebenklage, während der Verteidiger seinen Mandanten während der Tat für vermindert schuldfähig erachtet. Wie im Gericht üblich hat anschließend der Angeklagte das letzte Wort. Zunächst ließ er seinen Dolmetscher ausrichten, er habe nichts zu sagen, um dann noch etwas hinzuzufügen. "Ich bin schuldig", schob er nach.
"Er sah seine Felle davonschwimmen"
Daran, dass der 55-Jährige seine Frau im Juni 2019 auf einem Parkplatz in Künzell mit fünf Messern getötet hat, besteht nach Abschluss der Beweisaufnahme tatsächlich keinerlei Zweifel mehr, auch beim Verteidiger nicht. Aber über das Motiv des 55-Jährigen und seinen Geisteszustand divergieren die Einschätzungen. Staatsanwältin Dr. Christine Seban führt vor Gericht aus, dass es sich um eine geplante und vorsätzliche Tat handelt. Der Angeklagte habe unter Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit seiner ahnungslosen Frau seinen Tatplan ausgeführt, das Mordmerkmal der Heimtücke sei gegeben gewesen. Nur wenige Minuten zuvor hatte das Opfer den Vermietern der Familie aus dem Auto fröhlich zugewinkt - der brutale Messerangriff erfolgte aus heiterem Himmel. Die Staatsanwältin folgte der Einschätzung des psychiatrischen Gutachters Dr. Helge Laubinger, wonach die Tat weder mit Bewusstseinstrübung im Eifersuchtswahn noch im Affekt verübt wurde. Dagegen spreche die Tatsache, dass er den Tatablauf selbst gestaltet habe. Die bei ihm nach der Tat in der Hosentasche gefundenen 800 Euro Bargeld ließen auf Fluchtpläne schlussfolgern und konterkariere seine angeblichen Selbstmordpläne. Der Angeklagte habe seine Eifersucht dazu benutzt, seine von ihm unabhängig gewordene Familie wieder "unter Kontrolle zu bringen, weil er seine Felle davonschwimmen sah". Mildernde Umstände konnte die Staatsanwältin nicht ausmachen - die naheliegende Folgerung: sie forderte eine lebenslange Haftstrafe für den 55-Jährigen.
"Das Opfer niedergemetzelt, ja abgeschlachtet"
"Er hat seine Frau geschächtet"
Verteidiger: "Er ist kein sympathischer Mensch"
Verteidiger Hans-Jürgen Hauschild bat das Gericht eingangs seines Plädoyers, sich von moralischen Aspekten und der Beurteilung von Sympathie freizumachen. Ihm selbst falle es schwer, mit seinem Mandanten zu sprechen und ihn nachzuvollziehen. "Der Angeklagte ist kein sympathischer Mensch, es ist schwierig für mich, mit ihm zu reden", bekannte er. Doch es gehe einzig und allein darum festzustellen, inwieweit er für seine Tat verantwortlich sei. Zweifellos habe er seine Frau mit Zorn und großer Wut getötet und damit auch das Leben seiner Familie vernichtet. Doch er selbst sei das achte Opfer und leide unter der Tat, deren Motiv keine Eifersucht, sondern Kränkung gewesen sei. "Auch mit dem Elektronenmikroskop können wir nicht in den Verstand des Angeklagten gucken", schränkte Hauschild die Motivsuche ein. Der 55-Jährige habe eine fortschreitende Intensivierung des Drucks empfunden, der auf ihm lastete. "Das Tatverhalten trägt alle Momente eines Menschen, der es nicht mehr ertragen kann. Er vernichtet sie." Er habe das nicht steuern können, sein Bewusstsein sei erheblich gestört gewesen, es gebe viele Aspekte einer Affekttat, befand Hauschild, der wegen erheblicher Einschränkung der Schuldfähigkeit eine Strafmilderung für seinen Mandanten forderte.
Das Urteil wird am kommenden Donnerstag, den 2. April erwartet. (Carla Ihle-Becker)+++