Bonpflicht eingeführt

"Über 95 Prozent der Kunden wollen keine Bons" - Diskussionen bei Vereinen

Birgit Kolb von der Bäckerei Kolb ist über die Bonpflicht verärgert
Fotos: Hans-Hubertus Braune

04.01.2020 / REGION - Seit Jahresbeginn sind die Geschäfte verpflichtet, für jeden Verkauf einen Bon auszudrucken. Dies gilt auch für Metzgereien oder Bäckereien. Bei vielen Einzelhändlern und Unternehmensverbänden stößt diese Bonpflicht auf Kritik. "95 Prozent unserer Kunden wollen keinen Bon", sagt zum Beispiel Birgit Kolb, die schon seit einem halben Jahrhundert in der Bäckerei steht.



Zusammen mit ihrem Mann führt sie eine kleine Bäckerei im Wallweg in Fulda. Sie haben zwei Mitarbeiter, arbeiten seit 26 Jahren ohne Urlaub an sieben Tagen in der Woche. Nur an wenigen Feiertagen haben sie mal frei. Im ihrem Laden flattern die meisten Kassenzettel gleich in ihren Papierkorb. Sie haben wenig Verständnis für den Mehraufwand. Die jetzt vorgeschriebenen Papierrollen kosten zusätzliches Geld.

"Die Belegausgabepflicht dient der verstärkten Transparenz im Kampf gegen Steuerbetrug, da auf den Beleg zukünftig zusätzliche Daten aufgedruckt werden müssen. Anhand des ausgegebenen Belegs ist im Rahmen einer Kassen-Nachschau oder einer steuerlichen Außenprüfung unter anderem leichter nachprüfbar, ob der Geschäftsvorfall einzeln festgehalten, aufgezeichnet und aufbewahrt wurde", begründet das Finanzministerium in Berlin die Einführung der Bonpflicht.

Ob dieser Papier-Irrsinn tatsächlich hilfreich ist? Das wird zumindest auch von vielen Verbänden angezweifelt. Die Bonpflicht sorgt auch bei vielen Vereinen in Osthessen für Diskussionen. Müssen wir bei jedem Würstchen dem Sportplatzbesucher nun auch einen Bon ausdrucken? Diese Frage wurde der Redaktion von OSTHESSEN|NEWS mehrfach gestellt.

Vereine diskutieren

Zumindest in dieser Frage gibt es Entwarnung. Vereine müssen keine Bons ausdrucken - sofern sie nicht mit Registrierkassen arbeiten. Aber welcher Verein hat in seiner Würstchenbude oder seinem Vereinslokal schon solch eine elektronische Kasse stehen?

Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer (CDU) stellt klar: "Es wäre ein großer Fehler, jedem, der keine Registrierkasse nutzt, per se Steuerhinterziehung zu unterstellen. Hier muss ganz klar unterschieden werden: In allen Fällen, in denen Bürger, Firmen oder Vereine tätig werden, bestehen natürlich weiterhin die allgemeinen Aufzeichnungspflichten. Gerade aber bei Gemeinde- oder Vereinsfesten, bei Wochenmärkten oder Hofläden ist es schwer, hier den vielleicht einmaligen Einsatz einer Registrierkasse zu verlangen. Dennoch müssen auch die bestehenden Aufzeichnungspflichten stets eingehalten werden, in diesen Fällen eben händisch, wenn keine Registrierkasse vorhanden ist." Bedeutet: Die Kassenberichte müssen ordentlich geführt werden, aber Bons werden nicht verpflichtend - so lange keine Registrierkasse im Einsatz ist. (Hans-Hubertus Braune) +++

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