Stadt wird erpresst: "Wir sind im Moment offline, arbeiten mit Zettel und Stift"
Wegen Erpressungsversuchen blieb das Rathaus am Donnerstag geschlossen
Fotos (8): Hans-Hubertus Braune
03.01.2020 / ALSFELD -Schlechtes Omen am ersten Arbeitstag im neuen Jahr: Die Stadtverwaltung in Alsfeld wird offenbar von Unbekannten erpresst und ist derzeit nicht per Email zu erreichen, weil die Täter damit drohen, alle Daten der städtischen Computer zu verschlüsseln. Das bestätigte auf O|N-Nachfrage Bürgermeister Stefan Paule (CDU).
"Wir sind im Moment offline", sagte Paule am Freitagmittag. Derzeit würden die Rechner der Verwaltung geprüft. "Wir können derzeit nur mit Zettel und Stift arbeiten", erklärt der Bürgermeister. E-Mails können nicht empfangen oder bearbeitet werden. Zum Stand der Ermittlungen konnte Paule nichts sagen.
"Beim Hochfahren der Rechner erreichte uns am Donnerstagmorgen die Mail eines anonymen Absenders. Die Stadt wird darin aufgefordert, den Absender zu kontaktieren, um zu erfahren, gegen Zahlung welcher Summe die Daten wieder freigegeben werden." Deshalb habe die Stadt als erste Vorsichtsmaßnahme alle Rechner heruntergefahren und alle Server abgeschaltet, bestätigte der Bürgermeister.
Das Polizeipräsidium Osthessen, das Landeskriminalamt in Wiesbaden und auch die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt sind über die versuchte Erpressung informiert.
"Online geht hier gerade nichts mehr - wir können nur mit Stift und Papier arbeiten", erklärt Bürgermeister Paule. Telefonisch sei die Stadtverwaltung aber nach wie vor für die Bürger erreichbar. Bis die Hintergründe geklärt seien und genaue Angaben darüber vorlägen, welche Daten tatsächlich von der angedrohten Verschlüsselung betroffen seien, müssten alle IT-Systeme offline bleiben. Zur Zeit wisse niemand, wie lange die Klärung dauern werde.
Oberstaatsanwalt Alexander Badle als Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt/Main bestätigte auf Nachfrage von O|N, dass die zuständige Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) die Ermittlungen in dieser Sache aufgenommen habe. Doch um inhaltlich etwas zu dem Fall zu sagen, sei es definitiv noch zu früh. "Das wäre bloß Kaffeesatzleserei", sagte Badle. Bevor die Faktenlage nicht genau eruiert worden sei, könnte keine valide Aussage getroffen werden. Zuletzt gab es kurz vor Weihnachten auch in Bad Homburg und Frankfurt Cyber-Attacken auf die städtischen Verwaltungen, die zwischenzeitlich ihre Rechner vom Netz genommen haben.
Auch auf die Uni Gießen war ein Hacker-Angriff verübt worden.(ci)+++