Predigt zum Jahresabschluss im Dom
Bischof Michael Gerber: "Wo es Schuld gibt, darf dies nicht vertuscht werden"
Foto: Jonas Wenzel (Yowe)
01.01.2020 / FULDA -
Am Silvesterabend predigte Bischof Dr. Michael Gerber seinen Jahresabschluss im Hohen Dom zu Fulda. An den Gottesdienst schloss sich ein feierliches Te Deum mit sakramentalem Segen als Jahresschlussandacht an. Der Fuldaer Domchor sowie der Jugendkathedralchor unter Leitung von Domkapellmeister Franz-Peter Huber sangen Teile der „Messe in Es“ von J. G. Rheinberger und weitere Chorsätze von H. Schütz, F. Biebl, C. Thiel, M. Praetorius und J. S. Bach zum Teil im Wechsel mit der Gemeinde. An der Domorgel Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser, der zur Kommunion die "Pastorale" und zum Auszug das „Finale der I. Orgelsonate“ von A. Guilmant spielte.
Ein Auszug der Predigt im Wortlaut: "Liebe Schwestern und Brüder. Wir schauen – wieder einmal – auf ein sehr bewegtes und gefülltes Jahr zurück. Der Jahreswechsel ist Anlass, einen persönlichen Rückblick zu halten: Für welche Momente und Begegnungen im vergangenen Jahr bin ich dankbar?
Für mich selbst sind es mit dem heutigen Tag genau neun Monate, dass ich hier in Fulda und von Fulda aus für das Bistum als Bischof wirken darf. Bei allen Herausforderungen, die wir als Kirche zu bewältigen haben, schaue ich sehr, sehr dankbar auf diese ersten Monate zurück. Viele Begegnungen und Momente haben mir gezeigt: Hier im Bistum Fulda sind Menschen an ganz unterschiedlichen Orten engagiert und wirksam. Sie setzen sich ein im Dienst am Nächsten, wie ich es zuletzt bei der sehr beeindruckenden Feier der Caritas am Nachmittag des Heiligen Abend erleben durfte. Ich bin dankbar, dass wir in unserem Bistum Menschen haben, die mit viel Feingefühl, Ausdauer und Kreativität sich darum mühen, Menschen heute einen Zugang Jesus Christus und zu seiner Botschaft zu ermöglichen.
Die Kirche und damit auch das Bistum Fulda lebt von Personen und Persönlichkeiten, die auf ihre Weise glaubwürdig das Wort Gottes leben. Viele übernehmen Aufgaben im Hintergrund. Diese werden kaum von einer größeren Öffentlichkeit registriert und sind dennoch unverzichtbar. Für sie alle dürfen wir dankbar sein.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Wo es Scheitern gibt, wo es menschliches Versagen, wo es Schuld gibt, darf dies nicht schöngeredet oder gar vertuscht werden. Hier erleben wir im Bereich der internationalen Politik derzeit einige sehr bedenkliche Tendenzen. Zu Recht sind wir irritiert und alarmiert, wo in demokratischen Ländern Tendenzen zu beobachten sind, die Gewaltenteilung und insbesondere die Rechtsprechung in ihrer gebotenen Unabhängigkeit auszuhebeln.
Umgang mit Scheitern und Schuld? Gerade als Kirche sind wir herausgefordert, in der Frage der Aufarbeitung dessen, was Menschen durch sexuellen Missbrauch und durch andere Formen von Machtmissbrauch erlitten haben, neue und transparent nachvollziehbare Wege der Aufklärung zu gehen. Einige Schritte dazu konnten wir sowohl auf nationaler als auch auf Bistumsebene in diesem Jahr gehen, andere stehen für das kommende Jahr noch aus." (pm/nb) +++