Verein „Vergessene Straßen“ gegründet

Nachts in der Kälte draußen schlafen - Junge Frauen sammeln für Obdachlose


Symbolbild

09.12.2019 / FULDA - Es ist Samstaggabend, Adventszeit. Die meisten Menschen, die an diesem Tag in der Stadt unterwegs sind, haben ein klares Ziel vor Augen: den nächstbesten Glühweinstand auf dem Fuldaer Weihnachtsmarkt. Mit diesem Gedanken im Kopf und warm eingepackt strömen sie die Bahnhofstraße hinab. Vorbei an Geschäften, die gerade ihre Türen schließen, Banken, an deren Automaten mancher noch ein paar Scheine zieht und an einem kleinen Feldbett, hinter dem drei junge Frauen stehen.



Heute Nacht hier draußen in der Kälte schlafen zu müssen, will sich keine der drei Frauen vorstellen. Mehr als ein Mal hat das Thermometer in diesem Jahr schon Minusgrade in der Nacht angezeigt. Und dennoch gibt es sie, die Menschen, die nachts in Hauseingängen, unter Unterführungen oder dicht an Hauswände gedrückt schlafen. Auch in Fulda, wissen die drei Frauen: „Es gibt zwar keine exakten Zahlen über Obdachlose in Fulda, aber wer mit wachen Augen durch die Straßen geht, sieht schon ein paar“, sagt Daniela Prins. „Und auch, wenn es Durchreisende sind, die nicht in Fulda leben: Meine Nächstenliebe hört nicht beim Personalausweis auf.“

In ihrem Studium hat die 34-Jährige erfahren, warum einige von ihnen nicht in einer Obdachlosenunterkunft schlafen wollen, obwohl sie die Möglichkeit dazu hätten. Daraufhin hat sie sich dazu entschieden, diesen Menschen helfen zu wollen. „Es gibt drei Hauptgründe, warum sie nicht bereit sind, in einer Unterkunft zu schlafen“, sagt Daniela. Erstens wollten viele nicht ohne ihren Hund sein, auch nachts nicht. „Die sind in den meisten Unterkünften aber verboten.“ Ein weiterer Grund sei Alkoholsucht. „In vielen Einrichtungen gilt eine Null-Promille-Grenze. Und das ist für einige Obdachlose nicht machbar.“ Und dann sei da noch die Sache mit der Angst. „Es gibt nicht wenige Obdachlose, die eine psychische Erkrankung und große Angst haben, die anderen würden sie nachts ausrauben“, sagt Daniela, die findet: Auch diese Menschen sollen ein einigermaßen würdevolles Leben haben. Zumindest sollten sie nicht frieren müssen und mit den wichtigsten Dingen ausgestattet sein.

Mit diesem Gedanken im Kopf hat sie sechs weitere Ehrenamtliche gefunden und vor Kurzem einen Verein gegründet. „Vergessene Straßen“ haben die sieben 21- bis 48-Jährigen ihn genannt. Und das Ziel des Vereins ist es, das Leben für Obdachlose ein bisschen angenehmer zu gestalten. „Passieren soll das primär über die Versorgung mit Hygieneprodukten, Kleidung etc.“, so die Studentin. Am heutigen Abend stehen sie und zwei weitere Vereinsmitglieder also in der Bahnhofstraße. Im Gepäck haben sie Kulturbeutel, die mit allerlei Hygieneartikeln gefüllt sind, dicke Kleidung, Decken und verpackte Weihnachtsgeschenke für Menschen in Not.

 „Wir haben bereits ultraviel Hilfe von den Fuldaern erhalten. Trotzdem haben wir das meiste von den Sachen aus eigener Tasche bezahlt. Wir hoffen, dass wir in Zukunft mit Spenden, vor allem Sachspenden unterstützt werden. Dafür haben wir auch eine Packliste, die wir gern zur Verfügung stellen“, sagt Daniela.

Das Anliegen der drei Frauen an diesem Abend ist vor Allem, Vertrauen aufzubauen. „Wir stehen hier einfach und lassen uns sehen. Ansprechen tun wir aber niemanden. Wir wollen unsere Hilfe ja nur anbieten und niemandem auf den Keks gehen.“  (sur) +++

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