Gemeinsames Ringen um eine Lösung

Geplante Erweiterung des Kalksteinbruches "Braunhausen" stößt auf Widerstand

Landrat Dr. Michael Koch wünscht sich eine sachliche Debatte
Fotos: Gudrun Schmidl

13.11.2019 / BEBRA - Die geplante Reaktivierung und großräumige Erweiterung des ruhenden Kalksteinbruchs im Bebraer Stadtteil Braunhausen stand im Mittelpunkt einer von Landrat Dr. Michael Koch initiierten öffentlichen Informationsveranstaltung am Montag in der voll besetzten Aula der Beruflichen Schulen in Bebra. Die Pläne des Bebraer Unternehmens Helmut Beisheim stoßen auf großen Widerstand in der Bevölkerung und vor allem bei den Mitgliedern und Institutionen der Bürgerinitiative „Lange Hecke“, in der sich Menschen und Institutionen aus dem Raum Imshausen, Braunhausen und Gilfershausen zusammengeschlossen haben, um das Vorhaben zu verhindern.



„Diese Veranstaltung soll Vorbehalte abbauen und Gerüchten entgegentreten“, erklärte Koch und betonte, dass es an diesem Abend keinesfalls um eine Entscheidung geht, denn noch liegen dem zuständigen Regierungspräsidium (RP) Kassel weder Anträge noch konkrete, von der Steinbrucherweiterung zwischen Gilfershausen, Braunhausen und Imshausen betroffene Flächen zur Prüfung vor. Im Juni gab es allerdings einen Scoping-Termin, also ein Treffen von Beteiligten und Behörden, bei dem auch schon Umweltaspekte diskutiert wurden. Obwohl der Landkreis formal gar nicht zuständig ist, versucht Landrat Dr. Michael Koch die Wogen zu glätten und setzt auf Information aus erster Hand von der Firma Beisheim, Vertretern des Regierungspräsidiums Kassel, der Kreisverwaltung sowie Bürgermeister Uwe Hassel als Vertreter der Stadt Bebra, der sich im Vorfeld klar gegen den industriellen Abbau ausgesprochen hat, da dieser beträchtliche Auswirkungen auf Bebra und die Ortschaften haben könne.

Dipl.-Ingenieur Heinrich Wacker übernahm die fachliche Einführung der Pläne der Steinbrucherweiterung seitens der Firma Beisheim, die 13 Steinbrüche in Hessen und Thüringen betreut. In drei Bauabschnitten sollen in Braunhausen jährlich bis zu 200.000 Tonnen Kalkstein abgebaut werden. Für die drei, insgesamt 21,4 Hektar großen Gewinnungsfelder, die entstehen sollen, wird pro Bauabschnitt mit mindestens zehn Jahren gerechnet. Insgesamt sollen 7,6 Millionen Tonnen vermarktbare Tonnage gewonnen werden. Beisheim-Geschäftsführer Marcus Weber, der aus der Presse viele Vermutungen, Ängste und Unmut der örtlichen Bevölkerung entnehmen musste, steht für Offenheit und Ehrlichkeit und betont, dass Lärm und Dreck beispielsweise durch den Einsatz moderner Maschinen kein Problem sind. Als Beispiele dienen die Alheimer Steinbrüche in Sterkelshausen und Heinebach. Das Regierungspräsidium Kassel und die Naturschutzbehörden seien involviert, bei jedem Steinbruch gebe es zudem grundsätzlich Lärm und Staubgutachten. Zuständig sei in diesem Fall der TÜV Hessen.

Klares Ziel der Firma Helmut Beisheim bleibt natürlich die Gewinnung von Kalkschotter für den regionalen Straßenbau. Die Rohstoffgewinnung kann nur im Bereich einer oberflächennahen Lagerstätte erfolgen. „Es ist auch unvermeidbar, dass der aufbereitete Kalkschotter mit Lkw zu den Baustellen gefahren werden muss. Hauptabnehmer für unsere Kalkschotterprodukte ist der örtliche Wald- und Wirtschaftswegebau, die grundhafte Erneuerung von Gemeinde-, Kreis- oder Landesstraßen im  Stadtgebiet von Bebra sowie dem näheren Umfeld“ erklärt Marcus Weber den Radius der Lieferungen von rund 25 km. Geplant sei dafür eine serpentinenförmige neue Zufahrt vom Abbaugebiet zur Kreisstraße 53 zwischen Gilfershausen und Imshausen und von dort aus weiter über Gilfershausen oder Solz. Mit 40 bis 50 Lkw-Fahrten in beide Richtungen täglich, es können auch weniger, vielfach aber auch mehr werden, ist zu rechnen. Bürgermeister Uwe Hassl sieht diesen Verkehrsstrom kritisch. „Der gesamte Lkw-Verkehr würde über die Dörfer und durch die Bebraer Innenstadt donnern. Das will ich den Bürgern nicht zumuten“.

Das treibt auch die Gegner um. Ihre Hauptsorge gilt ebenfalls der erheblichen Verkehrsbelastung durch die Lkw über Kreisstraßen, die erst kürzlich erneuert wurden, durch kleine Dörfer, in denen besonders die Kinder in der ausgewiesenen „familienfreundlichen Kommune“ gefährdet sind, aber auch der Zerstörung der intakten Natur und des Landschaftsbildes. Der entstehende Schaden für den Tourismus und die Beeinträchtigung der Arbeit der Stiftung Adam von Trott sowie der Kommunität Imshausen, die für die Stille und das konzentrierte Arbeiten in der Abgeschiedenheit steht, wird thematisiert.

Der drohenden Wertminderung von Grundstücken und Häusern kam ein Besucher mit einem Verkaufsangebot an die Firma Beisheim zuvor, die dankend ablehnte. Überlegenswerte Vorschläge zur Verkehrsführung wurden gemacht, wobei eine Seilbahn oder der Abtransport des Kalkschotters mit dem Zug eher unwahrscheinlich bleiben. Die Zahlung einer Maut ebenfalls.
Die Bedenken der Naturschützer versuchte Dipl.-Biologe Arno Schütz von RP-Eingriffsdezernat zu entkräften.  

Fazit: Die Informationsveranstaltung bot die beste Gelegenheit, sich öffentlich auszutauschen und mehr Klarheit zu bekommen. Allerdings gingen nicht alle Rechnungen auf, viele Bedenken konnten nicht zerstreut werden. Landrat Dr. Michael Koch erhofft ein gemeinsames Ringen um eine Lösung und betont: „Selbstverständlich müssen wir Ökologie und Ökonomie vereinbaren“ und fügt an: „Man muss immer abwägen, was zumutbar ist“. Nordhessen sieht sich als Bauregion und so ermuntert Koch die Anwesenden, dem Unternehmen vor Ort eine Chance zu geben als Arbeitgeber und Steuerzahler. Außerdem könnten bis zu 20 Arbeitsplätze entstehen. Der Antrag wird zu gegebener Zeit bei der Stadt Bebra vorgelegt. Hier kann jede Privatperson einen Monat lang Einsicht nehmen und während der folgenden Einwendungsfrist von ihrem Mitspracherecht Gebrauch machen. (Gudrun Schmidl) +++

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