"Niemals lügen!"

Über 17 Jahre das Gesicht der Polizei: Pressesprecher Martin Schäfer

Martin Schäfer, Pressesprecher der Polizei in Osthessen, geht in Ruhestand
Fotos: O|N-Archiv

22.11.2019 / FULDA - Journalisten können ganz schön penetrant werden und bohrende Fragen stellen: "Was ist da wirklich los, was steckt dahinter, wieso wissen wir nichts davon?" Das ist ihr Job und manchem macht es auch Spaß, das Gegenüber so richtig in die Mangel zu nehmen. Der langjährige Pressesprecher der Polizei in Fulda, Martin Schäfer beherrscht dieses 'Spiel' nahezu perfekt, lässt sich weder von Impertinenz noch von Schmeicheleien ('Ach Herr Schäfer, m i r können Sie es doch verraten...') aus der Ruhe und Reserve locken. Er wusste immer ganz genau, was er wann zu wem sagen konnte, um einerseits dem Informationshunger der Presse nachzukommen und andererseits nicht die Ermittlungsarbeit seiner Kollegen "an der Front" zu konterkarieren. Beste Voraussetzung für seinen Job, aus dem er sich jetzt in den Ruhestand verabschiedet.



"Das gehört zu den zehn Geboten eines guten Pressesprechers, zu wissen, womit man wann raus kann", plaudert er aus dem Nähkästchen. Aber die wichtigste Regel seines Berufs hat er auch seinen drei Nachfolgern mit auf den Weg gegeben: Du darfst nicht lügen! Denn Glaubwürdigkeit ist das Kapital, das mit einer Falschinformation ganz schnell aufgebraucht ist. In dem überschaubaren Einzugsgebiet des Polizeipräsidiums Osthessen begegnet man sich zwangsläufig mehr als einmal, da ist gute vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Pressesprechern und Medien unabdingbar.

An der Wiege gesungen war es ihm nicht, die Arbeit der Polizei nach außen zu kommunizieren. Als Jugendlicher war er sogar mal mit einem unversicherten Moped erwischt worden. Eigentlich sollte Schäfer als Landwirt den elterlichen Hof übernehmen. Doch er hatte zum anfänglichen Ärger seiner Eltern andere Pläne und ging erst zum Bundesgrenzschutz und wechselte nach dem Fall der Mauer zur Polizei. Vom Streifendienst zur Kripo, es folgten noch zweieinhalb Jahre Verwaltungshochschule in Kassel, dann war der gehobene Dienst und die Beförderung zum Oberkommisar erreicht. Dass er sich schließlich aus dem Außendienst auf den vakanten Posten in der Pressestelle bewarb, hatte familiäre Gründe. Seine Frau und die beiden Kinder hatten ihn bis dahin eher selten zu Gesicht bekommen.

Dabei kann man als Pressesprecher keineswegs eine ruhige Kugel schieben. Bei überregional interessanten Fällen wie zuletzt der Entführung des Württh-Sohns muss man den Journalisten auch zu ungewöhnlichen Zeiten Rede und Antwort stehen und druckreife Statements in diverse Mikrofone sprechen, ohne sich zu verhaspeln. Spannung und Aufregung gab es auch nach dem Raubmord an dem 17-jährigen Lorenzo nahe der Kinder Akademie oder der nervenaufreibenden tagelangen Suche nach dem kleinen Marvin, dessen Mutter im Vogelsberg tödlich verunglückt war. Als sich herausstellte, dass sie ihr Kind zuvor im Gederner See ertränkt hatte, musste Martin Schäfer mit seiner Kollegin Elvira Idt die zahlreichen Kamerateams bei der Leichenbergung auf Distanz halten - wahrhaftig kein leichter Job. "Natürlich hilft einem bei solchen Tragödien die erlernte professionelle Distanz, aber wenn Kinder betroffen sind, geht es einem trotzdem ungeheuer nah", sagt der 59-Jährige. "Daran gewöhnt man sich nie!"

Die Kollegen seien immer seine schärfsten Kritiker gewesen, erinnert er sich. Eigentlich sitzt man als Pressesprecher förmlich zwischen den Stühlen, denn Polizisten möchten beim Ermitteln möglichst ungestört arbeiten, die Medien wollen dagegen bei schlimmen Verbrechen dauernde 'Wasserstandsmeldungen' haben. Freundliche Verbindlichkeit und das nötige Fingerspitzengefühl, die es für diese Abwägung braucht, hat Martin Schäfer als Leiter der Pressestelle oft genug bewiesen. Wir gönnen ihm seinen Ruhestand und werden ihn vermissen. (Carla Ihle-Becker)+++

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