Jürgen Krenzer (Seiferts) schlägt zurück
Rhöner Gastronom legt sich mit Kundschaft an: "Ihr Ernährungs-Salafisten"
Fotos: Yannik Overberg
17.10.2019 / EHRENBERG -
Seine Köche hatten einer Dame mit Laktose-Unverträglichkeit eine Kartoffelsuppe zubereitet, die sie umgehend zurückgehen ließ. Milch und Schmand, das ginge ja gar nicht. Also wurde neu gekocht – ganz ohne Milch und Schmand. „Beim Hauptgang durfte es für die Dame aber dann schon die leckere Sahnesoße sein“, so Jürgen Krenzer. „Meine Köche fühlten sich regelrecht vorgeführt und reagierten entsprechend. Ich versuchte, die Stimmung etwas anzuheben, was mir aber nicht gelang. Zurück in meiner Wohnung, dachte ich darüber nach, was ich gerade – und so oft in den Wochen zuvor – erlebt hatte. Und aus einer Laune heraus postete ich Folgendes:
Aus gegebenem Anlass ein Gedanke, der mich gerade zur späten Zeit hellwach hält: Wäre es nicht eine grandiose gastronomische Geschäftsidee, auf folgende Gäste zu verzichten:
– Menschen mit diversen erdachten oder auch wirklichen Unverträglichkeiten
– Ernährungs-Salafisten und Menschen, die Ernährung zur Religion machen wollen
– kurzum ALLE, die dein kulinarisches Angebot nicht akzeptieren können, wollen oder sogar sabotieren.“
Hätte Jürgen Krenzer „Vorsicht: Satire!“ drübergeschrieben, wäre wohl nicht viel passiert. So aber schlagen seither Wellen der Entrüstung und der Anerkennung übereinander. Das geht von Boykottaufrufen, Krenzers Restaurant nicht mehr zu betreten, bis zu Lobesbriefen sogar von Sterne-Köchen.
Jürgen Krenzer wirbt für mehr Empathie untereinander: „Wir hatten neulich eine 25-köpfige Geburtstagsgesellschaft, die hochzufrieden mit allem war. Als es dann ans Bezahlen ging, hieß es, man habe nur die EC-Karte dabei – es gebe leider kein Trinkgeld. Da ist es doch kein Wunder, dass Fachkräfte abwandern und vielerorts Gasthöfe schließen müssen. Aber ein Dorf ohne Wirtshaus? Das darf es nicht geben!“ (Matthias Witzel) +++