Nie wieder Krieg

Gedenkfeier an die Luftschlacht über dem Seulingswald vor 75 Jahren

Das gemeinsame Foto nach der Feier
Fotos: Gerhard Manns

29.09.2019 / LUDWIGSAU - "In der heutigen Zeit ist es nicht selbstverständlich, dass man sich der Vergangenheit erinnert. Umso erfreulicher ist es, Sie heute hier an der deutsch-amerikanischen Fliegergedenkstätte im Seulingswald im Landkreis Hersfeld-Rotenburg begrüßen zu können - einem Ort der Erinnerung, des Gedenkens, zugleich aber auch der Ermahnung und der Versöhnung", sagte Bürgermeister Wilfried Hagemann zu Beginn seiner Begrüßungsrede aus Anlass des 75. Jahrestages der verheerenden Luftschlacht am 27.09.1944 über dem Seulingswald.

Dramatische Luftschlacht des zweiten Weltkrieges



Es war eine der dramatischsten Luftschlachten des Zweiten Weltkriegs, die im Raum zwischen Bad Hersfeld und Eisenach tobte und wurde auf amerikanischer Seite zu einem Debakel. Von den 35 Flugzeugen gingen 31 verloren. Der ganze Bomberpulk wäre vernichtet worden, wenn nicht in letzter Minute herbei gefunkte US-Begleitjäger zur Hilfe gekommen wären. 118 Amerikaner starben, darunter waren 11 Piloten, die nach ihrer Fallschirmlandung ermordet wurden. 121 überlebten in deutscher Kriegsgefangenschaft. Es waren die höchsten Verluste, die eine US-Bombergruppe bei einem Einsatz je erlitt. Auf deutscher Seite gingen 29 Jagdflugzeuge verloren. 18 Piloten fanden den Tod. Sieben weitere unbekannte Tote forderte der Absturz einer deutschen Maschine auf ein Lazarett.

29 Jahre ist es nun her, dass diese Gedenkstätte mit Mitteln des damaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl, der Hessischen Landesregierung und während der Amtszeit des Hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel, des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge, Spenden von privater Seite aus der Bundesrepublik Deutschland sowie aus den USA, mit Unterstützung der Gemeinde Ludwigsau und der Hessischen Forstverwaltung, in der Nähe der Absturzstelle der Führungsmaschine, errichtet wurde.

Initiator Walter Hassenpflug

Dankbar erinnert man sich dabei an Walter Hassenpflug, der leider am 26. Februar 2017 verstarb. Er war der Initiator dieser Fliegergedenkstätte und hat  diese Stätte der Erinnerung und zur Mahnung aufgebaut, initiiert und gepflegt. Seine persönlichen Schicksalsschläge haben diesen Ort zu seinem Lebenswerk gemacht. Er hat seit er Errichtung der Gedenkstätte, jedes Jahr und Monate vor dem Termin die Gedenkfeiern detailliert geplant, instruiert und umgesetzt. "Wir verneigen uns vor dem Lebenswerk von Walter Hassenpflug und danken auch seiner heute anwesenden Ehefrau Liesel Hassenpflug, die ihn auf diesem Weg unterstützend und beherzt begleitete hat", sagte Hagemann.

Stätte der Erinnerung und Mahnung

"Die Fliegergedenkstätte hier im Seulingswald ist ein Ort der Erinnerung, des erhobenen Fingers unseres gesellschaftlichen staatlichen Miteinanders, dass es in einem vereinten Europa in einem gemeinschaftlichen Weltgebilde nie wieder geben sollte.

In den letzten zehn Jahren ist die Anzahl der demokratischen Staaten weltweit erschreckend schnell zurückgegangen. Erleben wir gerade das Ende der liberalen Demokratie? Warum erfolgt die Zuwendung von immer mehr Menschen hin zu antidemokratischen Strömungen?

Aber eine Insel des Friedens, der Freiheit und des Wohlstandes ist Westeuropa in diesen Jahrzehnten eben doch geworden und viele Völker auf der ganzen Welt beneiden uns darum. Wir sollten dafür dankbar sein und die Hoffnung auf ein friedvolles Miteinander nie aufgeben", sagte der Bürgermeister zum Schluss seiner Rede.

Weitere Redner waren die Generalsekretärin des Volksbundes für Deutsche Kriegsgräberfürsorge Daniela Schily, der Vizepräsident der Gemeinschaft der Flieger Deutscher Streitkräfte, Helmut Henk, der amerikanische Kriegsveteran Gerald R. Pitman, der für Military Order of the Purple Heart sprach, Jim Bertram, der Sohn von Frank Bertram der zur Crew eines abgeschossenen amerikanischen Bombers gehörte und Oberstleutnant d. Res. Michael Penzler dem Leiter des Kreisverbindungskommandos Hersfeld-Rotenburg.

Alle Redner wiesen auf diese einmalige Gedenkstätte und die Folgen des zweiten Weltkrieges hin, der viel Leid und Elend über die Menschen gebracht hatte und riefen die Menschen zur Versöhnung auf. Gerald R. Pitman erinnerte daran, wenn man vor den Gedenktafeln steht, solle man sich die Namen und Daten genau anschauen, denn hinter jedem Namen gibt es eine Geschichte von Trauer und Verlust, die einer Familie, eines Kindes oder auch einer ganzen Stadt. So etwas dürfe sich nicht wiederholen.

Die Gedenkfeier wurde musikalisch begleitet vom Gemischen Chor des MGV Liederkranz 1887 Friedlos unter der Leitung von Alexander Maier, dem Brass-Ensemble Bad Hersfeld unter der Leitung von Helgo Hahn und dem Solo Trompeter Jürgen Sprenger. Die Reservistenkameradschaft der Bundeswehr war mit einer Abordnung vertreten.

Nachdem Jürgen Sprenger das Trompetensolo "Taps" und "Der gute Kamerad" geblasen hatte sprach der evangelische Gemeindepfarrer Jörg Scheer ein Gebet. Zum Abschluss spielte das Brass-Ensemble die amerikanische und die deutsche Nationalhymne. (Gerhard Manns) +++

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