O|N hat nachgefragt
Ist das Abi nichts mehr wert? Hochschulverband schlägt Alarm
Symbolbild: Pixabay
20.09.2019 / FULDA -
„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“ Obwohl es vor rund 2.500 Jahren wahrscheinlich noch keine Diskussionen darüber gab, ob gute Noten zu vergeben eine Berechtigung hat, war sich bereits der griechische Philosoph Sokrates sicher: Heranwachsende taugen wenig.
Folgt man aktuell der Meinung vieler, hat sich daran bis heute wenig geändert. Schlagzeilen fluten die Medien wie „Geschenktes Abitur und Quantität statt Qualität“: Bildungstechnisch scheint es also richtig mau zu sein. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) selbst prangert an, Studenten fehle es mittlerweile sogar schon an einfachsten Grundkenntnissen. Deutsch und Mathe? Fehlanzeige. Die Schuld sucht der Verband bei den Schulen, die ihre Abgänger nicht hinreichend auf eine Akademikerlaufbahn vorbereiten würden. „Zu viele gute Noten“, meint der DHV, Einsen im Zeugnis würden mehr oder weniger einfach verschenkt.
Fakt ist: Der bundesweite Anteil der Einserabiturienten hat in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen. Erreichte 2008 jeder fünfte Schulabsolvent einen Notenschnitt von 1,9 oder besser, schaffte das 2018 mehr als jeder vierte. Prozentual stiegt der Anteil der Klassenbesten in Hessen von 22,2 Prozent auf 27,2 Prozent. Dieser „Noteninflation“ müsse Einhalt geboten werden, meint der Hochschulverband. „Qualität muss Vorrang vor Quantität haben.“
Eine der Schulen im Landkreis Fulda, die sich ihres Bildungsauftrages deutlich bewusst ist, ist die Richard- Müller-Schule (RiMS). „Wir betreiben hier keine Augenwischerei, die Schüler werden so ausgebildet, dass sie im Hochschulalltag oder in einer Berufsausbildung gut bestehen können“, erklärt Studiendirektor Hubert Krah vom Wirtschaftsgymnasium (BG). Auch die Studiendirektorin der Fachoberschule (FOS) Ute Wieters bestätigt diese Aussage. „Uns ist es sehr wichtig, unsere Schüler fachlich sowie auch menschlich bestmöglich auszubilden.“ Herabgesenkte Anforderungen gebe es an der RiMS nicht.
Deutsch, Mathe, Englisch: An der Richard-Müller-Schule wird mehr gelehrt als nur Grundkenntnisse
„Wir haben vielleicht nicht den besten Abiturschnitt, dafür aber eine sehr geringe Quote derer, die ein Studium nach ihrer Ausbildung an unserer Schule abbrechen“, weiß Krah. Darauf, sagt er, sei man besonders stolz. Aber nicht nur für eine Unikarriere seien die Noten existenziell. „Gerade auch für Betriebe, die einen Auszubildenden einstellen möchten, müssen Noten aussagekräftig und verlässlich sein.“
Zum Abschluss des Gespräches ziehen beide ein Fazit
„Gerade durch das Internet gab es eine regelrechte Wissensexplosion. Die Schüler haben sich geändert, Lehrmethoden wurden angepasst, das Lernverhalten umgestellt. Manche Dinge mögen heute einfacher sein, andere sind vielleicht sogar schwieriger geworden. Was sicherlich jedoch nicht anders geworden ist, ist der Schwierigkeitsgrad einer Abiturprüfung.“ (Miriam Rommel) +++
Foto: Miriam Rommel