Mit Strafverteidiger Hans Hauschild

Anschlag auf Anwalt: Prozess gegen Stadtplan-Erben Alexander Falk startet

Der Angeklagte Alexander Falk (r), einer der Erben des gleichnamigen Stadtplan-Verlags, wartet zusammen mit seinem Verteidiger Daniel Wölky im Gerichtssaal des Frankfurter Landgerichts auf den Beginn des Prozesses.
Foto: picture alliance/Arne Dedert/dpa

21.08.2019 / FRANKFURT/M. - Am Landgericht Frankfurt beginnt am heutigen Mittwoch der Prozess gegen den Hamburger Unternehmer Alexander Falk. Der Erbe des Stadtplan-Verlages soll dafür verantwortlich sein, dass 2010 ein früherer Anwalt von Clifford Chance angeschossen wurde. Inzwischen arbeitet der Anwalt bei DLA Piper. Die Staatsanwaltschaft wirft Falk vor, den Anschlag in Auftrag gegeben zu haben. Dass es überhaupt zum Prozess kommt, liegt an einem Zeugen. Er hatte sich vor zwei Jahren bei der Polizei gemeldet. Clifford Chance und DLA Piper hatten eine Belohnung von 100.000 Euro ausgeschrieben.



Beide Kanzleien hatten die Belohnung gemeinsam im Sommer 2010 ausgesetzt. Das war wenige Monate nach dem Anschlag, der betroffene Partner war vor der Tat von Clifford zu DLA Piper gewechselt. Die Belohnung sollte ein Zeichen sein, dass die Kanzleien eine solche Tat nicht hinnehmen und ihren Teil zur Aufklärung beitragen wollten. Auf Anraten ihres Anwalts wurde die Belohnung nicht, wie sonst oft üblich, im Falle einer Verurteilung fällig, sondern bereits zur Eröffnung des Hauptverfahrens. Clifford holte sich in dieser Sache den Strafverteidiger Hans Hauschild von Karras & Kollegen in Fulda an die Seite, einem vor allem in Hessen sehr bekannten Individualverteidiger. Über ihn ist die Belohnung nach Informationen des Juve-Fachverlags inzwischen an den Anwalt des Zeugen geflossen.

Die Staatsanwaltschaft nimmt an, dass das Opfer, der heutige DLA-Anwalt, und ein Clifford-Partner den Zorn Falks auf sich gezogen haben, weil sie als Klägervertreter gegen ihn prozessierten. Durch die Prozesse verlor Falk einen großen Teil seines Vermögens, insgesamt sollte er 208 Millionen Euro zurückzahlen. 2008 verurteilte ihn das Landgericht Hamburg unter anderem wegen versuchten Betrugs zu vier Jahren Haft.

Der Betrugsvorwurf resultierte aus einer Transaktion, bei der Falk um die Jahrtausendwende seine Firma Ision an das britische Unternehmen Energis verkaufte. Energis wurde seinerzeit von Clifford beraten. Ision musste jedoch Insolvenz anmelden, die Bilanzen waren, wie sich später herausstelte, für den Verkauf gefälscht worden.

Bei den darauffolgenden Prozessen spielte Clifford wieder eine entscheidende Rolle, federführend mit dem späteren Anschlagsopfer und einem weiteren Partner. Sie setzten für die Energis-Insolvenzverwalterin Ansprüche gegen Falk durch. Im Laufe des Verfahrens hatte Clifford mit einem Forderungsbetrag von 763 Millionen Euro den damals wohl höchsten Adhäsionsantrag in Deutschland gestellt.

Schütze ist noch nicht gefunden

Wer 2010 die Schüsse auf den Anwalt abgegeben hat, ist bis heute nicht klar. Nach einem Verdächtigen wurde sogar mit Hilfe der ZDF-Sendung ‚Aktenzeichen XY ungelöst‘ gesucht. Falk saß zu dieser Zeit bereits wegen der Bilanzfälschungen in Haft. Erst vor zwei Jahren kam wieder Bewegung in den Fall, als sich ein Zeuge und dessen Cousin beim Landeskriminalamt Hamburg meldeten. Sie präsentierten den Mitschnitt eines Gesprächs zwischen Falk und zwei weiteren Männern. Auf dem Band ist angeblich zu hören, wie sich Falk über den Anschlag freut. Auf den Aussagen dieser Zeugen fußt nun im wesentlichen die Anklage, die Falk versuchte Anstiftung zum Mord sowie Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung vorwirft. 

Falk wird mittlerweile von Prof. Dr. Björn Gercke sowie Daniel Wölky von Gercke Wollschläger verteidigt. Thomas Bliwier von bdk Rechtsanwälte ist Ende 2018 aus dem Mandat ausgeschieden. Gercke hatte den Fall von Gerhard Strate von Strate und Ventzke übernommen. Der Wechsel hatte für Aufsehen gesorgt, weil Gercke eigentlich ein klassischer Wirtschaftsstrafrechtler ist. In presserechtlichen Fragen setzt Falk auf Prof. Dr. Ralf Höcker.

Gercke bestreitet die Vorwürfe im Namen seines Mandanten und will für Falk, der seit gut einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt, einen Freispruch erwirken: Erstens mache es überhaupt keinen Sinn, den damaligen Counsel einer Großkanzlei zu erschießen, da das Mandat jederzeit von einem anderen Anwalt übernommen worden wäre. Das sei das Prinzip einer Großkanzlei und der Teams, die jeweils hinter einem Mandat stünden. Und zweitens habe es der plötzlich aufgetauchte Zeuge lediglich auf die Belohnung abgesehen.

Laut Gercke habe dieser über Jahre versucht, Falk zu erpressen und fünf Millionen Euro verlangt. Als er damit keinen Erfolg hatte, habe er zumindest die Belohnung von 100.000 Euro einstreichen wollen. Die Verteidigung hat außerdem ein Gutachten bei einem vereidigten IHK-Sachverständigen in Auftrag gegeben. Dieses belege, so Gercke, dass der Gesprächsmitschnitt manipuliert sei.

Inzwischen wird in einem gesonderten Verfahren gegen den Zeugen selbst ermittelt, er soll angeblich als Schütze infrage kommen. Dessen Cousin, ebenfalls als Zeuge aufgeführt, habe seine ursprüngliche Aussage inzwischen komplett zurückgezogen, weil es, so seine Begründung, einen Mordauftrag Falks nie gegeben habe.

Das Gericht hat bis Dezember insgesamt 18 Verhandlungstage angesetzt, mehr als 20 Zeugen sowie Sachverständige sollen vernommen werden. (Eva Flick)

Diesen Beitrag hat O|N vom juristischen Branchendienst JUVE übernommen, der dort am 19. 8.2019 zuerst erschien.  JUVE ist ein Presseverlag, der branchenspezifisch über wirtschaftsberatende Juristen in Deutschland und Österreich sowie über Steuerberater berichtet. +++ 

 



X