Von der Box bis zum Lagerraum

Erinnerungen im Schließfach: Mietlager helfen bei Platzmangel

Die Geschäftsführerinnen Marianne Koch (links) und Ilka Jost-Gutberlet
Fotos: Marius Auth

14.07.2019 / FULDA - Mietlager liegen in Deutschland im Trend: Der Wohnraum wird knapper, die Mobilität der Menschen größer - und die geliebten Gegenstände immer mehr. Im "Fulda-Speicher" in der Walter-Bauer-Straße lagern seit Oktober vergangenen Jahres in klimatisierten Räumen Möbel, Spielzeug und andere Alltagsgegenstände bis an die Decke. Ob Wohnungsauflösung, Scheidung oder berufliche Umorientierung - Gründe fürs Auslagern gibt es viele.


108 Lagerboxen und 12 Schließflächer stehen zur Verfügung, vom kubikmetergroßen Schließfach bis zum 10 Quadratmeter großen Stauraum reichen die Optionen. Eine bestimmte Klientel für die Mietlagerräume haben die Geschäftsführerinnen des Fulda-Speichers, Marianne Koch und Ilka Jost-Gutberlet, noch nicht ausmachen können: "Die Menschen sind heute mobiler, die Scheidungsrate ist gestiegen, in Mietwohnungen gibt es häufig keine Kellerräumlichkeiten mehr - und trotzdem hat jeder mehr als genug Dinge, von denen er sich nicht trennen will. Vom Studenten, der ins Auslandssemester geht und seine Habseligkeiten zwischenlagern muss oder der kompletten Wohnungsauflösung, wenn ein alter Mensch ins Pflegeheim kommt oder stirbt - gesellschaftlich haben wir das komplette Spektrum. Für manche ist es günstiger, einen Mietvertrag auslaufen zu lassen, bevor der nächste beginnt - und hier alles zwischenzulagern. Angehörige lassen bei einem Sterbefall hier Dinge mit Erinnerungswert auch erstmal ein paar Monate stehen - bis sich alles emotional gelegt hat und die Erbschaftsangelegenheiten geklärt sind", erklärt Jost-Gutberlet. Der Quadratmeter Stauraum kostet 8 Euro die Woche, Mindestmietdauer sind vier Wochen.

Jost-Gutberlet, die früher als Spielwarenhändlerin gemeinsam mit ihrer Schwester in Fulda die bekannten Spielwaren-Jost Geschäfte betrieb, hatte zuerst versucht, den insgesamt 3.400 Quadratmeter großen Hallenkomplex aus dem Familienbesitz komplett zu vermieten: "Aber kein Interessent wollte die gesamte Fläche. Ich bin dann im Internet auf die Mietlager gestoßen, die inzwischen auch in Deutschland Fuß gefasst haben. Dafür war das Interesse dann sehr groß." Als Franchisepartner des Hamburger Unternehmens First Elephant profitieren die Geschäftsführerinnen von Branchen-Erfahrungswerten: "Unsere Lagerräume sind maximal zehn Quadratmeter groß, auch wenn das auf den ersten Blick wenig wirkt. Aber wer eine Wohnung auflöst, braucht maximal 15 Prozent seiner Wohnfläche als Lagerraum. Abgesehen von sperrigen Möbeln lässt sich alles bequem stapeln. Eine kleine Studentenbude kommt so auf zwei Quadratmetern unter - auch, weil man hier drei Meter in die Höhe gehen kann." Mit einem Transponder kommen die Kunden von 6 bis 22 Uhr ins Gebäude, das Einlagern bestimmter Gegenstände und Substanzen, ob explosionsgefählich oder entzündlich, ist verboten: "Die Räume sind nach oben offen, damit der Rauch im Brandfall abziehen kann und die Brandmeldeanlage auslöst."

Die Hälfte der Lagerboxen und Schließfächer wird bereits genutzt, demnächst soll die 1.000 Quadratmeter große angrenzende Halle ebenso ausgebaut werden: "Der Bedarf zeigt auch, wie Fulda sich in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Es geht immer mehr in Richtung großstädtische Mentalität und Angebote." (mau) +++



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