Rücktritt in Etappen

SPD-Beben! Andrea Nahles gibt Vorsitz ab - kompletter Rückzug aus Politik

Tritt von Partei- und Fraktionsspitze zurück: Andrea Nahles.
Foto: picture alliance / NurPhoto

03.06.2019 / BERLIN - Das Beben innerhalb der SPD hat den Gipfel erreicht. Andrea Nahles (48) will kommende Woche als Partei- und Fraktionschefin zurücktreten. Das hat sie am Sonntagmorgen in einer Presseerklärung angekündigt. Gründe für den Schritt sind die Querelen innerhalb der Partei, GroKo-Zoff und zuletzt die Niederlage bei der Europawahl. Sie wolle damit die Möglichkeit eröffnen, dass in beiden Funktionen in geordneter Weise die Nachfolge geregelt werden könne.


Wie BILD berichtet soll sie die Entscheidung in der vergangenen Nacht getroffen haben. Demnach will sich Nahles komplett aus der Politik zurückziehen. Das heißt: Nahles will zeitnah auch ihr Bundestagsmandat niederlegen. Das wurde BILD inzwischen bestätigt, zuerst hatte die Funke Mediengruppe darüber berichtet.

Die Erklärung von Andrea Nahles im Wortlaut:

"Ich habe den Vorsitz von Partei und Fraktion in schwierigen Zeiten übernommen. Wir haben uns gemeinsam entschieden als Teil der Bundesregierung Verantwortung für unser Land zu tragen. Gleichzeitig arbeiten wir daran, die Partei wieder aufzurichten und die Bürgerinnen und Bürger mit neuen Inhalten zu überzeugen. 

Beides zu schaffen ist eine große Herausforderung für uns alle. Um sie zu meistern ist volle gegenseitige Unterstützung gefragt. Ob ich die nötige Unterstützung habe, wurde in den letzten Wochen wiederholt öffentlich in Zweifel gezogen. Deshalb wollte ich Klarheit. Diese Klarheit habe ich in dieser Woche bekommen. Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist.

Am kommenden Montag werde ich daher im Parteivorstand meinen Rücktritt als Vorsitzende der SPD und am kommenden Dienstag in der Fraktion meinen Rücktritt als Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion erklären. Damit möchte ich die Möglichkeit eröffnen, dass in beiden Funktionen in geordneter Weise die Nachfolge geregelt werden kann. Bleibt beieinander und handelt besonnen!

Ich hoffe sehr, dass es Euch gelingt, Vertrauen und gegenseitigen Respekt wieder zu stärken und so Personen zu finden, die ihr aus ganzer Kraft unterstützen könnt. Unser Land braucht eine starke SPD!

Meinen Nachfolgerinnen oder Nachfolgern wünsche ich viel Glück und Erfolg. 

Mit solidarischen Grüßen

Andrea Nahles"

Reaktionen aus Hessen: "Öffentlicher Umgang war schändlich"

Hessens SPD-Vorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbel nannte den Schritt "nachvollziehbar". Damit habe sie den "Weg zu einer Neuaufstellung der SPD geöffnet". Die jüngste Debatte um Nahles' Person sei in ihrer Art und Weise allerdings inakzeptabel gewesen, kritisierte Schäfer-Gümbel. Er habe dabei "schmerzlich die wichtigsten Grundwerte der Sozialdemokratie vermisst: Respekt und Solidarität", so der ebenfalls scheidende hessische SPD-Chef.

Europa-Staatsminister Michael Roth aus Heringen (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) dankte Nahles für ihr Engagement und kritisierte ebenso den inner- und außerparteilichen Umgang mit der Parteichefin in der vergangenen Woche. "Der öffentliche Umgang mit Dir war schändlich. Einige in der SPD sollten sich schämen", schrieb Roth auf Twitter. "Du hast Dich nach Kräften bemüht, manche Wunde der Vergangenheit endlich zu heilen. Danke für Deinen Einsatz! Respekt für diese Entscheidung", so das SPD-Vorstandsmitglied weiter. (cps) +++

X