In der Esperantohalle

Schlager, der wie Feuer brennt: "Amigos" lassen Herzen höher schlagen

"Amigos" in der Esperantohalle
Fotos: Marius Auth

20.05.2019 / FULDA - Die "Amigos" sind ein Phänomen: Mühelos füllen zwei ältere Herren aus dem mittelhessischen Villingen mit schnörkellosem Schlager im Flippers-Stil große Konzerthallen und setzen sich seit Jahren in den Albumcharts fest wie sonst nur internationale Popstars. Die "110 Karat"-Tournee bietet bewährte Sonnenuntergänge und wehmütige Sehnsucht – die Fans in der Esperantohalle waren entzückt.



Schlager ist nicht gleich Schlager: Spätestens seit Andrea Berg, Helene Fischer und Beatrice Egli kann sentimentales Liedgut zum Mitklatschen jung und partytauglich daherkommen, deutschsprachige Musik erlebt einen Boom. Karl-Heinz und Bernd Ulrich, seit ZDF-Hitparaden-Zeiten als "Amigos" unterwegs, halten davon nichts – genau wie ihre über Jahrzehnte mitergrauten Fans: Wehmut, Abschied und Tod ranken sich im Viervierteltakt durch die Lieder, mediterrane Sehnsuchtsorte samt glutäugigen Schönheiten bilden den emotionalen Fluchtpunkt, wenn es dunkel wird.

Doch für diese Ehrlichkeit lieben die Fans ihre Amigos: Armut, selbst Obdachlosigkeit und Kindesmissbrauch werden von den unscheinbaren Megastars auf Discofox gebürstet, am Ende muss es schunkeln können. Im neuesten Album "110 Karat", das in der gut besetzten Esperantohalle am Sonntagnachmittag im Vordergrund stand, tritt die rhythmische Sozialkritik zwar zugunsten von Reiseprospekt-Ehefantasien zurück, doch leuchtet die idyllische Landschaft tränenverschleiert gleich viel schöner: Brennen müssen die Emotionen – und so haben die biederen Stars aus dem Vogelsberg auch am Ende dieses Konzerts wieder etliche Geliebte totgesungen und in den Schlagerhimmel verabschiedet. (mau) +++

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