Einfach so weitermachen geht nicht
Biodiversitätskonferenz zum dramatischen Artensterben
Foto: Gudrun Huber
10.05.2019 / LAUTERBACH - Was nützen Vogelschutzgebiete, wenn die Vögel dort keine Nahrung mehr finden? Und Naturschutzgebiete, die so vereinzelt liegen, dass kein Austausch zwischen den jeweiligen tierischen Bewohnern mehr stattfindet? „Es ist ein globales Massenaussterben von erdgeschichtlichem Ausmaß im Gange“, postuliert Dr. Andreas Segerer. Und: „Diesmal ist der Mensch der Auslöser, darüber besteht Konsens unter den Wissenschaftlern.“
Der Insektenforscher und Schmetterlingsexperte arbeitet für die zoologische Staatssammlung München und ist Präsident der Entomologischen Gesellschaft. Er referierte auf der dritten Biodiversitätskonferenz des Vogelsbergkreises, die im Saal des „Posthotel Johannesberg“ stattfand.
Das Interesse an der Konferenz war groß, der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt mit Besucherinnen und Besuchern, die den erschreckenden Fakten des Referenten lauschten. Gudrun Huber von der Unteren Naturschutzbehörde appellierte schon bei der Begrüßung: „Es ist wichtig, dass wir Mitstreiter im Kampf gegen das Artensterben finden. Wir können es uns nicht erlauben, noch zehn oder 15 Jahre so weiter zu machen.“ Mit Verweis auf das auf den Tischen bereitgelegte Obst ergänzte sie: „Diese Äpfel und Heidelbeeren, genauso wie Birnen oder Erdbeeren, werden immer von Insekten bestäubt, fast gar nicht durch Wind. Etwa drei Viertel unserer Kulturpflanzen brauchen die Bestäubung - allein das sollte uns zu denken geben.“
Er hatte einen Schwarzen Apollo aus der Staatssammlung München im Gepäck, der ursprünglich im Vogelsberg heimisch war, allerdings seit einigen Jahren im Vogelsberg als ausgestorben gilt. In Bayern seien von einst rund 3.300 Schmetterlingsarten 1992 zunächst 109 Arten, bis 2003 dann schon 228 Arten und bis heute schließlich 365 Arten verschwunden. „Schmetterlinge sind eine Art Fieberthermometer“, so Segerer, „wenn sie verschwinden, dann geht es auch vielen anderen Arten schlecht.“ Der Klimawandel sei eine große Bedrohung, „aber leider nicht die größte: Der schnell zunehmende Artenschwund und die Nährstoffbelastung der Böden durch Überdüngung stehen weltweit an der Spitze der Bedrohungen.“
Aber auch in Privatgärten, die etwa drei Prozent der Landesfläche ausmachen, lohnt es sich Insekten zu fördern und auf eine Verbesserung des Nahrungsangebotes und des Lebensraumes hinzuwirken: Ob Blühstreifen entlang von Äckern, Wiesen und Wegen, heimische Blühgewächse im eigenen Garten und eine Wiese, die nicht gedüngt und auf Golfrasenniveau getrimmt wird. Dr. Puthz und Professor Zwick aus Schlitz hatten zur Veranschaulichung der Schönheit und Vielfalt mehrere Schaukästen mitgebracht.
Und wer als Privatperson außerdem noch hochstämmige Obst- und Nussbäume pflanzen möchte, kann für bis zu 20 Bäume eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 50 Euro je Pflanze aus dem Streuobstwiesenförderprogramm erhalten. Darauf wies die Biologin Ann Katrin Müller von der Unteren Naturschutzbehörde hin. (pm) +++