“Volk - Heimat - Dorf."
Ausstellungseröffnung im Fränkischen Freilandmuseum
Fotos: Eva Wiedenröder
02.04.2019 / FLADUNGEN -
Seit dem Wochenende hat das Fränkische Freilandmuseum wieder geöffnet. Gleich zu Beginn der neuen Saison wartet man mit einer Sonderausstellung auf. Unter dem Titel “Volk - Heimat - Dorf. Ideologie und Wirklichkeit im ländlichen Bayern der 1930er und 1940er Jahre” gibt sie sehr interessante und aufschlussreiche Einblicke in das dörfliche Alltagsleben von damals und den Einfluss der NS-Propaganda. Zum vielschichtigen Thema gibt es in den nächsten Wochen und Monaten obendrein ein Begleitprogramm mit Führungen und Vorträgen.
Museen tragen mit der Vermittlung der Geschichte eine besondere Verantwortung der Erinnerung, hatte die Museumsleiterin deutlich gemacht. Mit der Sonderausstellung hat sich das Freilandmuseum ein “schwieriges, belastetes und belastendes Thema” vorgenommen, das bislang in vielen Museen zu kurz gekommen ist, wie Heinrich Hacker weiter ausführte.
Auch in der Provinz war die Ideologie des Regimes allgegenwärtig. Das zeigte Hacker an mehreren Beispielen auf, wie einem Foto aus dieser Zeit von einem sog. “Hergottswinkel”, wo in der Stube gleich neben dem Kruzifix, Jesu und Maria wie selbstverständlich ein Portrait des Führers hängt. Das wirft freilich die Frage auf, ob die Menschen Hitler tatsächlich als Heilsbringer gesehen haben. Dem mochte Hacker nicht uneingeschränkt zustimmen. “Zu viele Aktenvermerke aus dieser Zeit sprechen dagegen. Gerade in den erzkatholischen Gegenden Unterfrankens hat es Widerstand gegeben”, so der Ausstellungsleiter.
Hacker ging in seinem kurzen Vortrag und beim anschließenden Rundgang durch die Ausstellung unter anderem auch auf den nach dem unterfränkischen Gauleiter und späteren Regierungspräsidenten Otto Hellmuth benannten “Dr.-Hellmuth-Plan” ein. Ziel seine “Rhönaufbauplans“ war die völlige Umgestaltung von Landwirtschaft, Landschaft und Bevölkerung, wobei die Errichtung von ertragreichen Erbhöfen und ihre Besetzung mit geeignet erscheinenden Menschen eine wichtige Rolle spielten. Die Umsetzung ging einerseits mit Kultivierungsmaßnahmen auf der Hochrhön einher, die vom RAD sowie von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern durchgeführt wurden. Auf der anderen Seite sah der Plan eine rassenbiologische Erfassung der Rhönbevölkerung vor. Das war mit einer sog. „Durchmusterung“ und im schlimmsten Fall mit Sterilisierung, Internierung, Umsiedlung oder gar dem Euthanasie-Tod verbunden. Dem Ausstellungsbesucher stellt sich die Frage, was wohl aus der Rhön und ihren Bewohnern geworden wäre, wenn die Nationalsozialisten ihre Pläne in vollem Umfang umgesetzt hätten.
Die 1930er Jahre in Deutschland waren nicht nur vom gesellschaftlichen Umbruch geprägt. Sie brachten auch die ersten großen Musikstars zum Vorschein und ließen vielen Menschen den zumeist sehr politischen Alltag vergessen. Diesen Aspekt verkörperten bei der Ausstellungseröffnung Lygia Wagenführer (Gesang) und Heiko Denner (Klavier) vortrefflich mit ihren Liedbeiträgen. (eva) +++