Den Wandel wagen

Wunschdenken oder Realität? Solidarische Ökonomie als Chance für die Region

Volles Haus beim Zukunftsforum der Zukunftsakademie Hersfeld-Rotenburg im Bad Hersfelder Buchcafé.
Fotos: Stefanie Harth

19.02.2019 / BAD HERSFELD - Ist Solidarische Ökonomie ein reines Wunschdenken, das lediglich von den idealistischen Vorstellungen „leichtgläubiger Gutmenschen“ gespeist wird? Oder könnte sich dieses alternative Wirtschaftsmodell in einer Zeit, in der immer mehr nach einem naturverträglicheren und nachhaltigeren Lebensstil gerufen wird, behaupten? Diesen Fragen hat sich das Zukunftsforum der Zukunftsakademie Hersfeld-Rotenburg gewidmet, das unter der Überschrift „Demokratisch – solidarisch – regional: Solidarische Ökonomie als Chance für die Region“ stand.



Allein der Begriff „Solidarische Ökonomie“ scheint Magnetwirkung zu haben: rund 80 Besucher haben sich im Bad Hersfelder Buchcafé eingefunden, um eine Vorstellung von einer Form des Wirtschaftens zu bekommen, die die nicht auf Profitmaximierung und Konkurrenz beruht. „Die Welt – direkt vor unserer eigenen Haustür – zu verändern: Ich denke, das spricht uns an“, bekräftigt Ronald Loot, Vorsitzender der Zukunftsakademie.

Stichworte, wie Nachhaltigkeit, genossenschaftlicher Gedanke, regionale und faire Vermarktung und Wertschöpfung sowie Tauschkreise, werden in den Raum geworfen. „Wenn wir über Solidarität reden, reden wir zunächst über Werte“, sagt Gastredner Norbert Bernholt, Geschäftsführer der Akademie Solidarische Ökonomie mit Sitz in Lüneburg. Grundmerkmale der Solidarischen Ökonomie seien die Zusammenarbeit zum Wohl der Gemeinschaft, Selbstorganisation, Freiwilligkeit und Demokratie.

„Solidarische Ökonomie ist ein bisschen wie gegen den Strom schwimmen“, erläutert Bernholt. Es reiche nicht aus, „wenn ein paar Gutmenschen Solidarische Ökonomie praktizieren“. Eine Wertediskussion müsse angeregt und politische Rahmenbedingungen geschaffen werden. Eine andere Form des Wirtschaftens sei möglich – „wie müssen nur mutiger und politischer werden“.

Per „Speed-Dating“ erlangen die Forums-Teilnehmer Einblicke in acht heimische Betriebe und Initiativen, die auf solidarisches und regionales Wirtschaften bauen. Ein ambitionierter Selbstvermarkter, der auf dem kleinen „Markt der Möglichkeiten“ vertreten ist, ist Johannes Kayßer vom Tannenhof in Bebra-Imshausen, wo seit 1988 „Bio aus Überzeugung“ angebaut wird. Seit vier Jahren verfolgt der Landwirt das Ziel, alle Traktoren abzuschaffen und den Betrieb komplett auf Arbeitspferde umzusatteln.

Seine neueste Vision: die Eröffnung einer kleinen Hofbäckerei. Finanziert werden könnte das Unterfangen beispielsweise über ein Brot-Abo, das im Voraus beglichen wird, oder über den Erwerb einer Brotanleihe oder eines Holzbackofen-Bausteins. „Eine Besonderheit ist unser glutenfreies Buchweizen-Sauerteigbrot, das sogar richtig lecker schmeckt“, rührt Kayßer die Werbetrommel für seine Biobrot-Rezepturen. Willkommen in einer neuen Welt des solidarischen Wirtschaftens? Mehr Infos: http://www.zukunft-hef-rof.de/. (Stefanie Harth) +++

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