"Und was machen Sie am Samstag?"

Breite Front gegen Nazi-Demo: Zwölf Statements zum Aufmarsch Dritter Weg


Foto: O|N

16.02.2019 / FULDA - Am Samstag steht Fulda schon wieder ein Aufmarsch von Neonazis bevor: die rechtsextreme Kleinpartei „Der Dritte Weg“ hat einen Fackelmarsch anlässlich der Bombardierung Dresdens am 13.2.1945 angemeldet. Zum Anlass heißt es auf deren Internetseite wörtlich: „Am 13. Februar 1945 überfielen englische und amerikanische Luftgangster die wehrlose deutsche Flüchtlingsstadt Dresden und warfen ihre furchtbare tödliche Bombenfracht auf Hunderttausende unschuldiger Zivilisten hernieder.“ Mittels Stroboskoplicht oder sonstigen Blitzeffekten und dem Abspielen eines Sirenentons soll bei der Kundgebung ein Flieger- oder Luftalarm simuliert werden.

Die Redaktion von OSTHESSEN|NEWS hat bekannte Fuldaerinnen und Fuldaer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft jeweils um ein persönliches Statement zum Aufmarsch dieser Ewig-Gestrigen gebeten und zusätzlich gefragt, was sie am Samstag unternehmen wollen. Hier die Antworten:

Statement von Margarete Hartmann, Stadtverordnetenvorsteherin Fulda


"Als Stadtverordnetenvorsteherin und auch persönlich bedauere ich die Genehmigung des Aufmarsches „Der dritte Weg“ durch das Verwaltungsgericht. Des Weiteren finde ich es unverständlich, dass viele Vorgaben der Stadt Fulda, wie z. B. die vorgesehenen Veranstaltungsorte nicht berücksichtigt wurden. Es ist ein positives Zeichen, dass sich die Stadtverordneten auch geschlossen dem Aktionsbündnis gegen den „Dritten Weg“ angeschlossen haben und so dem Rechtsradikalismus die Stirn bieten. Auch die beste Demokratie hat Defizite, deswegen sind solche Veranstaltungen  zwar nicht zu verhindern, sondern man kann nur durch Protest und das beherzte Eintreten der Menschen vor Ort mit einer Gegendemonstration reagieren. Dies sind letztlich unsere Möglichkeiten als Bürger dem rechten Rand die Stirn zu bieten und zu zeigen, das hier in Fulda kein Platz für Rechtsradikalismus ist. Ich persönlich werde auch am Samstag selbstverständlich vor Ort sein und somit die Gegendemonstration unterstützen. Fulda wird an diesem Tag sein weltoffenes Gesicht zeigen."

Statement Dr. Wolfgang Hamberger, Ex-Oberbürgermeister Fulda

"Es gibt nur richtige und falsche Wege. Wer Menschen einen „dritten Weg“ vorgaukelt, hat Täuschungsabsicht, so, wie es diese extreme Partei schon wiederholt mit dem Anfeuern von Ressentiments, Fremdenhass und Antisemitismus versucht hat. In Fulda soll das wie schon anderswo mit einem Demonstrationszug gegen den „Überfall der wehrlosen Flüchtlingsstadt Dresden durch englische und amerikanische Luftgangster" inszeniert werden.

Dabei wird ausgeblendet, dass sich Dresden in den Februartagen des Jahres 1945 längst zu einer Militär- und Frontstadt gewandelt hatte. Nicht zu vergessen, dass die deutsche Luftwaffe zuvor z. B. London, Coventry und Warschau bombardiert hatte. Im Jahre 2007 besuchten meine Frau und ich am 13./14. Februar Dresden, um mit der Bevölkerung der Toten zu gedenken und den Wiederaufbau ihrer Stadt zu feiern. Alle, mit denen wir sprechen konnten, waren sich mit uns einig, dass die Tage des 13./14. Februar 1945 zwar furchtbar und opferreich, dies letztlich aber die Konsequenz von Kriegshandlungen waren. Die Alliierten wollten nicht Zivilisten töten, sondern die von der Ostfront weitgehend ungeordnet zurückdrängenden deutschen Truppen treffen und so verhindert, dass diese deutschen Soldaten eine neue Front bilden.

Wer die Vertreter der Partei „Der dritte Weg“ genauer betrachtet, dem fällt auf, wie viele sich im Auftreten, Kleiden und Reden den Nationalsozialisten nähern. Die Bundesrepublik geht seit 1945 einen Weg, der ihre christlichen und jüdischen Wurzeln respektiert, sie ist eingebunden in Europa. Die Deutschen wollen, dass alle Menschen in Frieden und Freiheit leben können, dass Gerechtigkeit und Solidarität herrschen. Dafür braucht es keine „braune“ Partei; wir vertrauen heute und morgen den Parteien, die unser Land geprägt, erfolgreich aufgebaut und in die Gemeinschaft der zivilisierten Völker zurückgebracht hat.

Mein Platz ist am Samstag natürlich an der Seite der Fuldaer Bürgerschaft, die sichtbar ein Zeichen gegen rechts setzt. Nicht der „Dritte Weg“ lässt ein Licht für Dresden leuchten, sondern diejenigen, die gegen Faschismus und für Toleranz und Miteinander eintreten. Wir wissen, wo und wie unser Weg zu verlaufen hat."

Stefan Schunck, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer

"Ich bedaure es zutiefst, dass die Toten von Dresden für die nationalistischen Zwecke des Dritten Weges instrumentalisiert und missbraucht werden. Unsere Unternehmen sind weltoffen und zunehmend auch auf ausländische Fachkräfte angewiesen. Es ist daher wichtig, für diese Weltoffenheit Flagge zu zeigen. Ich werde – sofern ich am Samstag rechtzeitig in Fulda bin – an der Gegenkundgebung teilnehmen."


Statement von Gerhard Möller, Ex-Oberbürgermeister Fulda:

"Es ist schlimm, dass Rechtsradikale wieder nach Fulda kommen wollen und die Dresdner Opfer missbrauchen. Ich kann mich den veröffentlichten Stellungnahmen aus der Stadt nur anschließen. Wahrscheinlich bin ich samstags unterwegs."


Statement von Peter Scholz, Geschäftsführer von spotlight-musicals

"Ich persönlich finde die Art und Weise, wie das Leid der Dresdener Bombardierung von nicht beteiligten Personen instrumentalisiert wird, nicht richtig. Das Zitat: „Am 13. Februar 1945 überfielen englische und amerikanische Luftgangster die wehrlose deutsche Flüchtlingsstadt Dresden und warfen ihre furchtbare tödliche Bombenfracht auf Hunderttausende unschuldiger Zivilisten hernieder“, verkennt in unglaublicher Weise die historische Ausgangslage im Februar 1945. Amerikaner und Engländer waren ja keine „Gangster“ die eben mal aus Spaß eine Stadt bombardieren. 

Was hätten die Alliierten 1945 denn alternativ tun sollen? Hitler hatte bereits alle Zivilisten in Geiselhaft genommen und bis zum letzten Mann, Frau und Kind kämpfen lassen, wer weiß wie lange? Stalingrad lässt grüßen … Er wollte nach dem Abzug aus Paris sogar die ganze Stadt sprengen lassen (nur so zum Spaß …), die couragierten deutschen Soldaten in Paris haben den Befehl verweigert. Gott sei dank.

Man sollte dem Leid in Dresden (und anderen Städten) würdevoll gedenken. Es gibt viele Formen, wie man das machen kann: Vorträge, Konzerte, Gottesdienste … oder am besten die Zusammenkunft aus Tätern und Opfern als Zeichen der Versöhnung. Das ist wahre Anteilnahme und angemessen Form des Gedenkens. Polarisieren, instrumentalisieren ohne geschichtlichen Bezug macht unsere Welt gefährlicher und ich lehne so etwas ab. 

Ich bin als überzeugter Demokrat eigentlich zwar absolut gegen Demonstrationsverbot. Aber bei so einer dummen Aktion, wie sie in Fulda geplant ist, würde ich mir vom Rechtsstaat mehr Möglichkeiten wünschen, ein Verbot mit der Begründung „Geschichtsverdrehung/Dummheit/mangelnde Relevanz .. oder wie auch immer“ auszusprechen.

Ich habe am Samstag einen vollen Terminkalender, ansonsten würde ich gerne das persönlich Gespräch mit dem 3. Weg suchen und den Verantwortlichen meine Meinung sagen. Ich befürchte, das würde auch nichts bringen. Und ehrlich gesagt hätte ich auch etwas Angst vor solch aggressiven Demonstranten.

Und so hoffe ich darauf, dass unsere Demokratie wehrhaft genug ist, einige Stunden „Geschichtsfälschung“ in der Fuldaer Innenstadt auszuhalten. Die Schulen haben die Aufgabe, die Schüler mit einem solchen Geschichtsverständnis auszustatten, dass eine solche Demo nichts bewirken kann.

Aber vielleicht gibt es einen couragierten Richter der die Demo untersagt. Aus persönlicher Überzeugung, mit der Bereitschaft die Konsequenzen zu tragen. So wie die deutschen Soldaten, die Paris gerettet haben."

Statement von Prof. Karim Khakzar, Päsident der Hochschule Fulda

"Die Hochschule Fulda ist eine weltoffene, internationale Hochschule. Ein wertschätzender Umgang mit Vielfalt und eine offene Debattenkultur sind für sie von zentraler Bedeutung, politisch radikalisierende und diffamierende Positionen lehnt sie ab. Zahlreiche Hochschulangehörige werden am Samstag an der Gegenveranstaltung teilnehmen, unter anderem auch ich."


Statement von AfD-MdB Martin Hohmann 

"Wir distanzieren uns von den Aktionen des III. Wegs. Unsere Anerkennung gilt aber schon jetzt erneut der Polizei, die sich nach Kräften, auch bei den geplanten Aktionen am Samstag, um Recht und Ordnung in unserem Fulda bemüht. Den kommenden Samstag werden wir als Landesdelegierte auf dem Parteitag der AfD Hessen verbringen."

Statement Heinz Josef Algermissen, Bischof von Fulda (em.)

„Es steht für mich außer Frage, dass Christen sich grundsätzlich gegen politischen Extremismus engagieren müssen. Insbesondere sind antisemitische Gedanken, die die Menschen innerlich vergiften, für mich völlig inakzeptabel. Entsetzt und erschrocken bin ich über die Verrohung der Sprache und des Denkens mancher Gruppierungen, die damit den Weg zur Gewalt in der Gesellschaft ebnen. Rassismus, Antisemitismus und jede Form von Rechtsextremismus sind mit dem christlichen Glauben jedenfalls unvereinbar.

Ich bin dankbar dafür, dass die katholischen Gemeinden und Verbände Flagge gegen Rechtsextremismus zeigen. Damit stehen wir in einer Tradition der Ablehnung gegen diesen Extremismus. Denn Fulda hat gerade auch während der nationalsozialistischen Diktatur Widerstand geleistet, der für viele Personen und Institutionen der Kirche oft mit schweren Konsequenzen verbunden gewesen ist."

Statement von Ursula Schmitt, erste Vorsitzende des Sozialdienst katholischer Frauen (SkF)


"Der Sozialdienst katholischer Frauen verurteilt die Ideologie dieser rechtsradikalen Partei auf das Schärfste.
Wir unterstützen die geplanten Gegenaktionen, an denen unsere Mitglieder und Mitarbeiter aufgefordert sind, teilzunehmen."

Statement Pfarrer Fried-Wilhelm Kohl,  Pfarrer evangelische Christisgemeinde

"Wir werden eine den Marsch blockierende, ökumenische Friedensandacht unterhalb des Stadtschlosses halten und zu einem noch zu benennenden Zeitpunkt die Glocken in der Innenstadt läuten. Unsere Haltung zu Neonazis kennen Sie. Als Gemeindepfarrer der Christuskirche fühle ich mich verpflichtet, gegen jede Form des Antisemitismus laut und deutlich zu protestieren."



Statement von SPD-MdL Sabine Waschke

"Natürlich werde ich am Samstag dabei sein. Von der SPD werden MdEP Martina Werner und MdB Timo Gremmels reden. Mein Mann und ich werden immer auf die Straße gehen, wenn rechte Gruppierungen bei uns auftauchen. Wir müssen aus unserer Geschichte lernen. Die Nazis sind 1933 auch ganz schleichend an die Macht gekommen. Das darf nicht wieder passieren!"

Statement von Michael Hamperl, Präsident der Fuldaer Karneval-Gesellschaft (FKG)

"Ich begrüße ausdrücklich die Gegendemonstration gegen den geplanten Aufmarsch der Rechten - je mehr daran teilnehmen, umso besser. Denn ich verurteile jede Form von Extremismus." +++

 



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