Mehr als 500 Spezialisten am Bahnhof
Aus der Barockstadt nach Kuba: Deutsche Bahn wartet Bremsen aus aller Welt
Fotos: Marius Auth
26.01.2019 / FULDA -
Neben der Richthalle in Fulda befindet sich auf 11.500 Quadratmetern das Fahrzeuginstandhaltungswerk der Deutschen Bahn. Zugbremsen aus aller Welt werden hier aufgearbeitet, moderne Management-Methoden sollen das Werk mit seiner 150-jährigen Geschichte auf Trab bringen.
Engel, der neben dem Werk Fulda das DB-Elektronikzentralwerk in München leitet, ist angetreten, um das kreative Potenzial der Bahner mit modernen Management-Methoden zu fördern. In seinem Büro hängt eine Grafik, die die Arbeitsabläufe in der historischen Fahrzeugwerkstatt am Bahnhof zeigt. Statt Maloche werden heute Kommunikation auf Augenhöhe und Arbeitserleichterung groß geschrieben: "Die besten Ideen kommen vom Mitarbeiter aus der Fließstraße - der merkt, wenn es irgendwo klemmt, der kennt die Prozesse aus dem Effeff. Alle Gruppenführer bereden morgens mit ihrem Team den Plan für den Tag, damit geht der Gruppenführer zum Meister, der zu seinem Chef, der kommt dann zu mir. So ist der Überblick über die einzelnen Organisationseinheiten vom Auftragsservice über die Fertigung und das Lager bis zur Disposition erst möglich. Außerdem wird der Mitarbeiter heute mehr denn je als Investition gesehen, die es zu schützen gilt: Moderne Tragehilfen, Hubsäulen und andere Ergo-Maßnahmen erleichtern die Arbeit ungemein - früher mussten Komponenten jenseits der 50 Kilo mit der Hand bewegt werden."
Wenn die Bremsen aus aller Welt im Fuldaer Werk einlaufen, kann man ihre Funktion häufig kaum noch erkennen. Alle sechs bis acht Jahre muss eine Zugbremse, die im Schienenverkehr im Einsatz ist, gewartet werden. Die Kompaktbremszange, die Engel zeigt, ist mit einer dicken Schmutzschicht überzogen. In der überdimensionalen Hightech-Spülmaschine wird zuerst mit Ultraschall, Stahlkugeln und Glasperlen der Schmutz abgetragen. Die selbst entwickelte Schraubstation, an der die Zange in ihre Einzelteile zerlegt wird, unterstützt den Arbeiter mit Hightech: "Jede einzelne Schraube ist im System dokumentiert, es wird sofort am Display angezeigt, welche Verschraubung mit welchem Drehmoment an welcher Position mit welchem Werkzeug gemacht werden muss. Am Ende wird an der Prüfstation die Funktionsfähigkeit überprüft, dann kann die Komponente wieder zum Kunden."
Nach spätestens zehn Tagen verlassen die Bremsen das Fuldaer Werk, auf Hochglanz poliert und bereit für die nächsten Jahre Einsatz auf der Schiene. Damit beim Kunden kein Engpass entsteht, werden in den vollautomatischen Hochregalen des hauseigenen Logistiklagers mehr als 17.000 Teile bereitgehalten. Stapler fahren wie von Geisterhand und holen sich die benötigten Teile, Plastikboxen rollen auf dem Band zu den zuständigen Mitarbeitern. "Hier im Lager zeigen sich die Vorteile der Digitalisierung auf einen Blick: Von der Transparenz der Prozesse profitieren die Workflows - die Software errechnet automatisch, welche Teile wie begehrt sind und lagert sie am entsprechenden Platz. Dadurch verkürzen sich die Wege für die Mitarbeiter. Da wir den Status des Auftrags auch dem Kunden kommunizieren können, erhöht sich für diesen die Planungssicherheit." 200.000 Komponenten durchlaufen das Werk Fulda im Jahr, im sächsischen Delitzsch wird zudem eine Außenstelle unterhalten. (Marius Auth) +++