Stupides Lernen?
Pro und Contra Latein-Unterricht - Grundlage für viele Wissensgebiete
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24.01.2019 / FULDA -
Mein Bruder und ich streiten uns oft darüber, ob es sinnvoll ist, Latein zu lernen. Wir beide gehen auf das neu- und altsprachige Domgymnasium in Fulda. In humanistischen Gymnasien hat der Lateinunterricht eine lange Tradition und wird von der fünften bis zur dreizehnten Klasse unterrichtet. Da wir beide Latein lernen, kommt es öfters zu einer Diskussion wie dieser:
Meint Bruder meckert: "Warum soll ich eine Sprache lernen, die man nirgendwo sprechen kann?" Ich widerlege ihn: "Man kann Latein vielleicht nicht im Ausland zur Verständigung verwenden, aber dafür kann man sich durch Lateinkenntnisse Fremdwörter viel leichter erschließen. Wie zum Beispiel das Wort "extrovertiert". Mein Bruder wusste zwar auch, was es bedeutet, aber nicht, woher es kommt. Der Ursprung ist aus lateinisch 'ex', aus,heraus und lateinisch 'vertere' übersetzt 'wenden'. Man kann sich also herleiten, was es bedeutet, nämlich 'nach außen gewendet' bzw. 'für Einflüsse von außen empfänglich'. Das Gegenteil ist introvertiert, was sich für 'Lateiner' ebensoleicht ableiten lässt.
Mein Bruder lernt auch Spanisch. Als wir im Urlaub in Spanien waren, konnte er uns so beim Bäcker ein Sandwich und etwas zu trinken kaufen. Stolz hat er gesagt: "Das kannst du mit deinem Latein natürlich nicht!" Doch alle romanischen Sprachen wie Französisch, Italienisch und Spanisch stammen von Latein ab. Deshalb haben ihm seine Lateinkenntnisse dabei geholfen, Spanisch leichter zu lernen. Und ich verstehe viele Worte dieser Fremdsprachen auf Anhieb, weil sei ihrem lateinischen Ursprung so ähneln.
Spezifische Fachausdrücke aus Medizin (Adaption lat. adaptare anpassen), Pharmazie( Apotheke lat. apotheca), Musik (Largo, Adagio, Andante, Duett lat. duo), Politik (Inflation lat. inflatio) und Fremdworte (Proletariat lat. proles) überhaupt, lassen sich für mich viel schneller herleiten und auch behalten. Auch hilft mir Latein die deutsche Grammatik besser zu verstehen, deren Begriffe alle lateinischen Ursprungs sind( Nominativ, Relativsatz, Infinitiv, Adverb etc.). Und für viele Studiengänge (Archäologie, Theologie, Philosophie, Geschichte ...) ist das große Latinum immer noch Voraussetzung.
Die Debatte, ob es jetzt wirklich sinnvoll ist, Latein zu lernen oder nicht, ist so alt wie der Sprachunterricht an Schulen. Letztendlich hängt es von jedem selbst ab, ob er oder sie bereit dazu ist, Vokabeln und die Grammatik zu lernen, denn das gehört zum Lateinunterricht zwingend dazu. Mir persönlich macht es auch Spaß, mehr über die römische Geschichte und Mythologie zu erfahren und lateinische Texte zu übersetzen, obwohl das manchmal auch echt schwer sein kann.
"Aber das Vokabel-Lernen ist doch stupide", sagt mein Bruder. "Auch das Wort kommt aus dem Lateinischen", kontere ich (lat. stupidus). Noch ein Punkt für mich.+++ (Luisa Geiger)
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