EU-Abgeordnete vor Ort

Zu wenig Platz für Lastwagen: Gefährliche Zustände am Autobahn-Knotenpunkt

Das Kirchheimer Dreieck. Mit dem wenige Kilometer entfernten Hattenbacher Dreieck ein zentraler Knotenpunkt im deutschen- und europäischen Verkehrsnetz
Archivfoto: Hans-Hubertus Braune

03.11.2018 / KIRCHHEIM - Die Lage mitten in Deutschland hat viele Vorteile: Die großen Städte wie Hamburg, Berlin, Köln Stuttgart und München sind relativ schnell zu erreichen. Am Knotenpunkt Hattenbacher- und Kirchheimer Dreieck sind Tag und Nacht tausende Fahrzeuge unterwegs. Laut einer offiziellen Verkehrszählung aus dem Jahre 2015 sind täglich über 94.000 Autos und knapp 20.000 Lastwagen auf dem Abschnitt zwischen Kirchheimer- und Hattenbacher Dreieck unterwegs. Hier treffen sich die Autobahnen A 4, A 5 und A 7. Viele nutzen die Ausfahrt Kirchheim für eine Rast, zum Tanken oder zum Einkaufen. Allein fünf Tankstellen befinden sich in Kirchheim, dazu Fast Food-Ketten, drei Outlet-Stores und zwei große Einkaufsmärkte.



Der zunehmende Verkehr sorgt auf der einen Seite für brummende Geschäfte. Auf der anderen Seite verschärft sich die Parkplatz- und Verkehsssituation. Kernproblem entlang den Autobahnen und Bundesstraßen: Es fehlen ganz einfach LKW-Stellflächen. Wohin mit den Lastwagen? Abends suchen viele Lastwagenfahrer eine Stellfläche und parken aus der Not heraus an den Straßenrändern. Gerade an der Abfahrt Kirchheim vom Hattenbacher Dreieck kommend wird es schnell gefährlich, immer wieder müssen sich die Auto- und Lastwagenfahrer an den parkenden Fahrzeugen vorbei schlängeln. Auf einem Autohof in Kirchheim kam es in der Vergangenheit zu zwei tragischen Unfällen.

Kirchheim ist mit diesen Problemen kein Einzellfall. Und doch werden hier die Herausforderungen wegen des enormen Verkehrs und der geografischen Lage mitten in Deutschland und Europa besonders sichtbar. Lösungen zu finden - dies ist schwierig. Durch die Wildparkerei entstehen Gefahren, aber auch die Umweltverschmutzung ist ein weiteres Thema. Abseits der Logistikfirmen wird an Zufahrtsstraße und Feldwegen geparkt - manchmal das gesamte Wochenende. Die Hinterlassenschaften in Form von Fäkalien, Plastik, Dosen und Flaschen zeugen davon. Die Kommunen haben kaum eine Handhabe. In Niederaula etwa kontrollieren Bürgermeister Thomas Rohrbach oder Mitarbeiter aus dem Ordnungsamt regelmäßig in den späten Abendstunden.

Am Donnerstag trafen sich die Europaabgeordnete Martina Werner (SPD, Niestetal) mit den Bürgermeistern aus Friedewald, Niederaula und Kirchheim in der Industriestraße in Kirchheim. "Ich glaube, eine Lösung wird man nur finden, wenn wir vernetzt denken und vernetzt arbeiten. Wir brauchen viel mehr Lösungen in Europa, gerade was Schwerlastverkehr angeht. Wir müssen alle ansprechen, die zu einer Lösung beitragen können", sagte die Abgeordnete gegenüber TVNews-Hessen.

Die Supermarktkette Rewe hat in der Industriestraße vor mehreren Jahren einen großen Markt eröffnet. Von sechs Uhr morgens bis 22 Uhr am Abend können Kunden dort an sechs Tagen in der Woche einkaufen. Schaut man auf die Kennzeichen auf dem großen Parkplatz, so fällt auf, dass viele Reisende den Markt direkt am Autobahndreieck nutzen.

Gegenüber der Zufahrt zum Einkaufsmarkt befindet sich seit vielen Jahren eine Agip-Tankstelle. Dort gibt es zwei Zapfsäulen für Lastwagen. Wartende Lastwagen stellen sich auf die Industriestraße - schnell kommt es dadurch zu gefährlichen Situationen und Staus. "Das gefällt uns natürlich auch nicht. Wir haben bereits zwei Mal mit den Beteiligten der Kommune und dem Nachbar gesprochen. Eine Lösung haben wir bislang nicht gefunden", sagt Markus Hillenbrand von der Agip. Wenn es der Betrieb zulässt, weisen seine Mitarbeiter die Fahrzeuge ein. Es kommt auch vor, dass Kunden auf seinen Parkplätzen parken, um drüben im Markt einzukaufen. Die Zufahrten zu verlegen ginge aus verschiedenen Gründen nicht.

Auch für den Rewe-Markt ist die Situation alles anders als optimal. "Viele Kunden sind extrem verärgert und bleiben sogar dem Markt fern", sagt Supermarktbetreiber Bernd Messerschmidt gegenüber TVNews-Hessen. Selbst eine Veränderung der Beschilderung auf generelles Halteverbot habe keine Wirkung gezeigt, wird Bürgermeister Manfred Koch zitiert. Erst am Vortag habe es sogar einen Unfall gegeben, als ein Sattelzug beim Rangieren auf der Industriestraße einen PKW übersehen und gerammt hatte.

Alle drei Bürgermeister klagten über das Problem der falsch parkenden Laster in ihren Gemeinden. Ein besonderes Problem ist dabei, dass gerade bei Fahrern aus Osteuropa ein Verstoß nur sehr schwer verfolgbar ist. Nur die Polizei wäre berechtigt, sofort und vor Ort mit einem Verwarngeld zu ahnden.

"Du hast die Situation, dass du versuchst dagegen vorzugehen. Den Westeuropäer erwischt du dann und bekommst ihn weg, aber die Lücke wird sofort durch einen osteuropäischen Fahrer gefüllt. Parkverbote in Deutschland interessieren ihn nicht. Wenn man versucht da einzugreifen, hat man keine Möglichkeiten", sagt Koch laut TVNews-Hessen. Die Gemeinde kann zwar im ruhenden Verkehr ein Bußgeld aussprechen, aber die Eintreibung ist fast unmöglich. "Der Druck des Parkens ist da und wir haben dafür Verständnis. Es muss aber eine Lösung bei der Verfolgung geben, das ist das Einzige, was helfen kann", so Dirk Noll, Rathauschef in Friedewald.

Auch in Niederaula gibt es mit wildparkenden Lastzügen Probleme. "Durch die Wildparker kommt es zu Verkehrsbehinderungen in den Industriegebieten. Zurück bleiben erheblich verschmutzte Flächen im Verkehrsraum. Im Winter kommen die Räumdienste nicht überall hin und wenn die Lastzüge weg sind, kommt es gerade an diesen Stellen zu gefährlicher Eisbildung", schildert Thomas Rohrbach die Situation. Europaabgeordnete Martina Werner strebt eine europäische Lösung an. Martina Werner versprach den Bürgermeistern schnelle Hilfe und kündigte Gespräche mit der Polizei und dem Regierungspräsidium an. Ein weiteres Treffen in Kirchheim solle folgen. (Hans-Hubertus Braune / yk) +++

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