Debüt für Alsfelder Handballer
Pfeilschnell und explosiv: Tim Rüdiger sorgt für Furore
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23.10.2018 / WETZLAR -
Debüt im DHB-Pokal, Debüt in der Handball-Bundesliga, neun Tore in zwei Spielen: Tim Rüdiger macht derzeit auf sich aufmerksam. Der 20-Jährige aus Alsfeld (Vogelsbergkreis) rutschte zuletzt in den Kader des Bundesligisten HSG Wetzlar. Dabei gab Rüdiger gerade einmal vor einem halben Jahr nach langer Verletzungspause sein Comeback für die Wetzlarer U23 in der Oberliga.
Weil sich Kristian Björnsen und Lars Weissgerber, das etatmäßige Duo auf Rechtsaußen, zuletzt verletzen, rückte der 1,70 Meter große Rüdiger aus der U23 in den Profi-Kader von Trainer Kai Wandschneider. Im Pokal gegen die MT Melsungen (20:28) lief der Rechtsaußen, der mit Schnelligkeit und Sprungkraft glänzt, das erste Mal für den Bundesligisten auf. 45 Minuten stand er im Derby auf die Platte und traf prompt fünf Mal.
„Es ging alles ziemlich schnell. Drei Tage vor dem Spiel habe ich einen Anruf bekommen, ob ich nicht aushelfen könne“, erzählt Rüdiger am Samstagvormittag im Gespräch mit ON|Sport. Wenige Stunden später sollte der pfeilschnelle Linkshänder, der aus der Jugend des TV Alsfeld stammt, auch in der stärksten Liga der Welt debütieren. Gegen Frisch Auf Göppingen (26:21) ließ Wandschneider Rüdiger über die kompletten 60 Minuten auf der Platte. Dieser zahlte das Vertrauen mit vier Toren in der Schlussphase zurück.
Denn eigentlich läuft Rüdiger mit Wetzlars Perspektivteam in der 3. Liga auf, nun stand er Seite an Seite mit Akteuren wie Ex-Nationalspieler Stefan Kneer oder durfte sich mit Melsungens Europameistern Tobias Reichmann, Julius Kühn und Finn Lemke messen. „Es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Die Rittal Arena ist eine geile Halle und die Atmosphäre war Wahnsinn“, blickt Rüdiger im samstäglichen Gespräch mit ON|Sport auf sein Debüt zurück.
Leidenszeit nach Meisterstück
Zwar verpflichtete die HSG noch Maximilian Lux vom HC Erlangen nach, doch Rüdiger bewies, dass der Trainer auf ihn bauen kann. Ansprüche stellt der Alsfelder nach seinen zwei Vorstellungen aber nicht. „Wenn ich die Chance bekomme, bin ich immer bereit, auszuhelfen“, entgegnet der 20-Jährige. Aktuell profitiert Rüdiger von den Ausfällen von Björnsen und Weissgerber. Wie es ist, pausieren zu müssen, das weiß der Alsfelder, der seit 2013 in Wetzlar spielt, zu gut.
Denn zum Bundesliga-Kader der HSG gehörte Tim Rüdiger bereits 2017. Zuvor krönte er sich mit der A-Jugend zum Deutschen Meister und wurde mit einem Anschlussvertrag belohnt. Rüdiger absolvierte die Vorbereitung mit den Profis – und wurde jäh ausgebremst. Bei einem Vorbereitungsturnier zog er sich einen Knorpelschaden im rechten Knie zu. Die Karriere stand auf der Kippe.
„Das war wie ein Brett vor dem Kopf und ich konnte das kaum glauben“, denkt Rüdiger an die schlimme Diagnose zurück. In Köln begab er sich in die Hände eines Spezialisten. Der nahm sich nicht nur der Operation und dem anschließenden Aufbautraining an, sondern riet Rüdiger auch, sich Gedanken um die Zukunft abseits des Sports zu machen.
Trotz seines aktuellen sportlichen Höhenflugs will Rüdiger die berufliche Ausbildung nicht vernachlässigen. „Natürlich hätte ich weiter Lust, in der Bundesliga zu spielen. Aber im Sport kann alles so schnell gehen, deswegen muss es mit dem Studium und der Arbeit vereinbar sein“, bleibt der Linkshänder bescheiden. Mit seiner etatmäßigen Mannschaft, der U23, stehe der Klassenerhalt in der 3. Liga im Fokus.
In der ersten Mannschaft läuft Rüdiger übrigens im Trikot mit der Nummer 34 auf. Das wäre nicht mehr als eine kleine Randnotiz, hätte in Wetzlar diese Nummer zuletzt nicht eine Legende des Sports getragen: der Kroate Ivano Balic. „Als ich in der Kabine das Trikot mit dieser Nummer und meinem Namen gesehen habe“, erzählt Rüdiger, „musste ich schlucken und habe mir gedacht: ‚Jetzt musst Du liefern‘.“ Tim Rüdiger hat geliefert. (Tobias Herrling) +++
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