50 Jahre Lebensgemeinschaft (1)
Integrativer Ort: Wo zusammen gelebt, gearbeitet und gestaltet wird
Fotos: Lebensgemeinschaft / Stefanie Harth
02.10.2018 / SCHLITZ -
Einen integrativen Ort zu begründen, an dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammen in Familien oder als Nachbarn leben, gemeinsam arbeiten und Kultur gestalten können, das wurde in den 60er Jahren noch als utopisches Wunschdenken abgestempelt. Jedoch widersetzte sich eine kleine Gruppe von Pionieren diesem Zeitgeist der Ausgrenzung, indem sie unbeirrt den von ihr gewählten Pfad beschritt. Die Lebensgemeinschaft war geboren.
In Sassen und auf dem Richthof wohnen rund 400 Menschen in 27 Familiengemeinschaften. In der Regel leben acht bis zwölf Menschen mit intellektueller Behinderung, die intern „Freunde“ oder „Dörfler“ genannt werden, deren Hauseltern mitsamt Kindern und Praktikanten aus dem In- und Ausland unter einem Dach. In den beiden Dörfern bei Schlitz herrscht ein herzliches Miteinander.
„Unsere Dörfer sind nicht nur Lebensort, sondern auch Berufsort“, erläutert Müller. Und hier kommen die 18 verschiedene Werkstätten (WfbM) ins Spiel, in denen aus natürlichen Rohstoffen in Eigenproduktion hochwertige Produkte gefertigt werden. Fachkräfte und „Freunde“ arbeiten in Bäckerei, Dorfmeisterei, Färberei, Gärtnerei, Kerzenwerkstatt, Landwirtschaft, Tischlerei und Töpferei Hand in Hand. Werkstattzeit ist von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. Geregelte Arbeitszeiten und feste Tagesabläufe, wie gemeinsames Frühstück um 7.30 Uhr, Mittagessen um 12.30 Uhr und Abendessen um 18 Uhr, sind für die betreuten Menschen essentiell.
„Das Besondere, dass Arbeits- und Lebenswelt sich gemeinsam mit den therapeutischen Angeboten an einem Ort befinden, liegt darin, dass alle drei Bereiche sich um eine Idee bemühen und diese Idee in ihrer lebensvollen Ausgestaltung fortwährend von allen Bereichen befruchtet wird“, sagt Axel Müller. „Dies erleichtert das Bilden von ideengetragenen Beziehungen, und diese wiederum fördern die Entwicklung von Transparenz und Sozialkompetenz.“
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