Michael Hohmann seit Mai DLRG-Präsident

Über Badeunfälle und Kinder, die nicht schwimmen können

Michael Hohmann (stehend) bei einer Übungsfahrt auf dem Rhein mit Sport- und Innenminister Peter Beuth (3.v.l.).
Foto: HMdIS / Halisch

21.09.2018 / FULDA - Sie hat in Hessen rund 60.000 Mitglieder, ist hessenweit wohl größte Anbieter für Kinderschwimmkurse und ist nach dem Roten Kreuz die zweitgrößte Hilfsorganisation, die im Katastrophenschutz tätig ist: die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Der Fuldaer Michael Hohmann (45) ist seit vier Monaten Präsident des Hessischen Landesverbandes. O|N hat sich mit Hohmann über aktuelle Themen wie Mitgliederzahlen, steigende Zahlen der Badeunfälle oder Kinder, die nicht mehr schwimmen lernen, unterhalten.


Nur noch 40 Prozent der 6 bis 10-Jährigen machen den Freischwimmer. Das geht aus aktuellen Studien hervor. Für Michael Hohmann ist das Abzeichen ein wichtiger Gradmesser. "Für uns ist das das Kennzeichen für die Schwimmfähigkeit. Das Seepferdchen ist toll für die Kinder und eine Motivation, es zeigt aber nur, dass sie über die 25 Meter nicht untergehen", erklärt Hohmann im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. Dass immer weniger Kinder schwimmen lernen, ist seit Jahren ein Problem, für das die DLRG verschiedene Gründe nennt.

Marode oder zu wenige taugliche Bäder, entsprechend knappe Wasserzeiten oder Eltern, die schwimmen nicht mehr für notwendig erachten - diese Gründe nennt Michael Hohmann zuerst, wenn er erklären soll, warum Kinder vermehrt nicht mehr schwimmen können. Für die Region Fulda hält der 45-Jährige fest: "Als Stadt Fulda sind wir super aufgestellt, aber im Landkreis Fulda gibt es nur drei öffentliche Hallenbäder, die tauglich sind für Schul- und Vereinssport." Dass Schwimmen offensichtlich aus der Mode gekommen ist, wundert Hohmann.

"Verrückterweise ist das so, obwohl alle Trendportarten immer wieder und immer mehr mit Wasser zu tun haben", sagt Hohmann. Ob Tauchen, Stand-Up-Paddling, Kanu, Kajak, Kiten oder Surfen - überall sei das Element Wasser im Spiel - "und dann ist es schlecht, wenn man nicht schwimmen kann." Die Badesaison 2018 ist zu Ende und 35 Menschen ertranken in hessischen Seen, Flüssen oder Bädern. Mehr als doppelt so viele als 2017, als 17 Personen im Wasser ums Leben kamen. 

"Die Zahl können wir uns leider durch den außergewöhnlich guten Sommer erklären: wenn das Wetter gut ist wie in 2018, passieren leider eine Menge Badeunfälle, die teils tödlich ausgehen", erklärt Hohmann die gestiegene Zahl. "Die "Warmbadezeit" war ja seit Mai gegeben und hat bis in den September angehalten. Das war 2017 mit teils langen Regenzeiten anders. Viele Unfälle haben sich in den Flüssen ereignet, gerade im Rhein, der wegen des Niedrigwassers als "ungefährlich" angesehen wurde, aber tatsächlich doch ziemlich gefährlich war", führt Hohmann aus.

Für die Sicherheit an Gewässern ist auch die DLRG mit ihren vielen Rettungsschwimmern an über 90 Wasserrettungsstationen zuständig oder hilft in öffentlichen Bädern unterstützend bei der Badeaufsicht. Zudem ist die DLRG der größte Anbieter von Kinderschwimmkursen. Alles Aufgaben, die ausreichend Personal voraussetzen. In Hessen und in der Region Osthessen verzeichnet der Verband insgesamt steigende Zahlen.

"Das liegt im Wesentlichen immer an den handelnden Personen vor Ort", bricht Hohmann eine Lanze für seine Kollegen. "Zudem hat unsere Arbeit massiv an Reputation gewonnen", spielt der 45-Jährige auf die allgemein gestiegene Wertschätzung des Ehrenamtes an. Nachwuchssorgen mache sich Hohmann ob der schwindenden Zahlen an Kindern, die schwimmen lernen, aber (noch) nicht.


"Im Sinne der Nachwuchsförderung bekommen wir es momentan noch kompensiert", sagt Hohmann, der mit der DLRG bei der Landesregierung auch deutlich um einen Erhalt der Bäder werbe. "90 Prozent aller Bäder bilden unsere Kräfte in der Gefahrenabwehr aus. Langfristig, wenn noch mehr Bäder zumachen würden – aber der Trend scheint gestoppt -, wäre es ein Problem für uns", betont Hohmann. (Tobias Herrling) +++

Seit Mai diesen Jahres steht der 45-jährige Fuldaer an der Spitze des hessischen Landesverbandes.
Foto: Tobias Herrling
Bei der DLRG durchlief Hohmann viele verschiedene Ämter.
Foto: privat

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