Auch ohne Lösungen
Volles Propsteihaus tobt: Die AfD scheint in Osthessen angekommen
Fotos: Julius Böhm
24.08.2018 / PETERSBERG -
350 Menschen, alle Plätze waren belegt, teils mussten sie stehen. Und wenn der Stargast und Bundesvorsitzende Alexander Gauland Angela Merkels Absetzung forderte oder Martin Hohmann den Islam mit seiner "geplanten Machtübernahme" zum Feind heraufbeschwor, jubelten die Besucher wie in einem Fußballstadion. Gauland kündigte an, dass ab Oktober auch in den letzten beiden Landtagen "Normalität" einkehren werde. Damit meint er, dass die AfD, sollte sie in Hessen und Bayern die Fünf-Prozent-Hürden reißen, dann in allen deutschen Landtagen säße.
Mit theaterreifer Rhetorik, dutzenden Negativbeispielen und ebenfalls unter Jubel sprach auch der innenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Gottfried Curio, über eine halbe Stunde. "Merkel stoppen bedeutet, Deutschland zu retten", rief er ins Mikrofon und wiederholte damit seinen Partei-Chef Gauland. Alle Redner kritisierten viel, präsentierten aber keine Lösungen für die aufgeführten Probleme. Den Besuchern schien das egal zu sein. Mit "So ist es"-Rufen und Standing Ovations signalisierten sie ihre Zustimmung.
Eigentlich ging es ja darum, die beiden Landtagskandidaten Jens Mierdel (Walhkreis 14) und Pierre Lamely (Wahlkreis 15) in der Region bekannt zu machen. Die AfD-Promis stahlen den Osthessen aber die Schau - jedenfalls am Rednerpult. Vor der OSTHESSEN|NEWS-Kamera wollte sich Gauland nicht äußern. Er lehnte ein Interview ab.
Lamely probierte sich an einer ähnlich inszenierten Rede wie Curio und stellte den hessischen Landtag als Zaubershow voller Täuschung dar. Volker (Bouffier) und Tarek (Al Wazir) könne man getrost auch Siegfried und Roy nennen bei ihren Mogelpackungen, die sie aus dem Hut zaubern würden. Als Beispiel führte er die Kriminalstatistik auf.
Mierdel rief bewusst keine Ziele aus, wie er später im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS erklärte: "Ich orientiere mich an unserem Parteiprogramm, fokussiere mich aber auf die Themen Bildung und Familie", sagte er und verkündete mutig das Ziel, mehr als 20 Prozent der Stimmen holen zu wollen.
Themen, die die Region wirklich bewegen, wie etwa der Mangel bezahlbaren Wohnraums, Digitalisierung im ländlichen Raum und sichere Renten für Geringverdiener, die es in und um Fulda zu Hauf gibt, kamen entweder gar nicht oder verallgemeinert und die regierenden Parteien kritisierend auf den Tisch: es gab keine Lösungsvorschläge oder fertige Konzepte. Die Polizei vermeldete keine Zwischenfälle, eine Gegendemo gab es nicht. Zum Abschluss sangen alle Anwesenden die deutsche Nationalhymne. (Julius Böhm) +++