Nach abgebrochenen Sprachkursen

Flüchtlinge sollen in der "Ziegelei" nun mit Computern Deutsch lernen

Am Dienstag wurde der multimediale Lernraum offiziell eingeweiht
Fotos: mr

22.08.2018 / HÜNFELD - In der Flüchtlingsunterkunft „Ziegelei“ in Hünfeld gibt man so schnell nicht auf: Der DRK-Kreisverband Hünfeld sowie eine Handvoll ehrenamtlicher Helfer hat es sich zur Aufgabe gemacht, Neuankömmlingen die deutsche Sprache näher zu bringen. Bisherige Versuche, etwa mit Hilfe von Büchern, seien wenig erfolgreich gewesen, erklärt Dr. Eberhard Fennel, Präsident des DRK Ortsvereins am späten Dienstagnachmittag anlässlich einer Pressekonferenz.



Den Grund dafür sieht der Präsident in fehlender Bildung. „Viele hier sind Analphabeten, andere verfügen über ganz geringe schulische Kompetenzen.“ Die Frustrationsgrenze sei gering, die meisten Bewohner hätten nie gelernt zu Lernen. „Im Gegenteil, Lernen ist oft mit Misserfolgen und scheinbar sinnlosen Anstrengungen verbunden.“ Bisherige Versuche von ehren- und hauptamtlichen Helfern, als auch seitens der VHS, deutsche Sprachkenntnisse zu vermitteln, seien mangels geringer oder sukzessiv abnehmender Teilnehmerzahlen eingestellt worden. „Etwa 40 Prozent der hier Lebenden arbeiten im Schichtbetrieb bei Amazon in Bad Hersfeld. Die Einsicht in die Notwendigkeit in das Erlernen der deutschen Sprache ist dann sowieso kaum mehr vorhanden“, erklärt Dr. Fennel.

Damit dürfe man sich nicht zufriedengeben, davon ist der Präsident überzeugt: „Die Mehrzahl der Bewohner haben keine relevanten sozialen Kontakte zu Menschen aus einem anderen Herkunftsland, geschweige denn zur deutschen Bevölkerung.“ Eine gelungene Integration würde nur funktionieren, wenn man sich verständigen könne. „Sprache muss vor Arbeit stehen, sonst kommt man hier nie richtig an.“ Weibliche Bewohner, so heißt es in einer schriftlichen Analyse der Unterkunft, seien, falls sie ein Kind hätten, „ganz mit dem Gebären, Stillen und Versorgen der Kleinkinder beschäftigt.“ Ehemänner würden Integrationsbemühungen nicht unterstützen.

Bei vielen Männern stagniere der Spracherwerb, Fortschritte seien, obwohl viele bereits seit bis zu sechs Jahren in Hünfeld lebten, nicht zu verzeichnen. „Aus diesem Grund haben wir hier nun einen multimedialen Lernraum eingerichtet“, freut sich Dr. Fennel. Computer, Laptops, eine Stereo-Anlage sowie ein Fernseher stehen ab sofort den Lernwilligen zur Verfügung. „Wir hoffen, dass das die Leute mehr motiviert.“ 1.600 Euro hat die Stadt Hünfeld in die Hand genommen, um eine entsprechende Lernsoftware zu kaufen und installieren zu lassen. „Den Rest haben wir durch die ein oder andere Spende finanziert.“ In Zukunft sollen in dem Raum deutsche Filme gezeigt werden und PC- Sprachprogramme Flüchtlinge beim Lernen unterstützen.

Rund zehn junge Männer aus der Unterkunft sind beim Pressetermin anwesend und erzählen, dass sie aus Afghanistan, Eritrea, Serbien, Somalia oder aus der Türkei stammen. Der ein oder andere möchte das neue Angebot gerne nutzen. „Ich habe bereits mit dem Laptop für den theoretischen Führerschein gelernt und ihn so auch bestanden“, sagt ein Teilnehmer aus Eritrea freudestrahlend. Ein weiterer Mann, der vor dreieinhalb Jahren aus Afghanistan kam, kann sich vorstellen, Fachbegriffe mittels Computer zu erlernen. „Ich will eine Ausbildung machen, da kommt mir das gelegen.“ (mr) +++

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