Blickfang und 'Entree für Reisende'

Jugendstil-Villa aufwendig restauriert - denkmalgerechtes Schmuckstück

Inzwischen ein richtiges Prachtstück: die Villa Frankfurter Straße 15 nach der Instandsetzung von Dach und Fassade einschließlich der Rekonstruktion der Giebelbekrönung
Fotos: Franziska Ihle-Wirth

28.08.2018 / FULDA - "Wir haben uns einfach in das Haus verliebt", erklärt Elmar Schuster die wunderbare Verwandlung der dreigeschossigen Jugendstilvilla in der Frankfurter Straße 15 in Fulda. Den repräsentativen Bau an der Ecke zur Martin-Luther-Straße hatte sich 1905 der Schmied und Eisenwarenhändler Damian Joseph Lorei bzw. Lorey als Einfamilienhaus bauen lassen, und zwar vom renommierten Frankfurter Architekten Julius Ferdinand Schnatter. Lorey muss es in seinem Gewerbe zu einigem Wohlstand gebracht haben, denn er war später in Fulda als Kaufmann und Ökonom gemeldet, dessen Geschäft in der nahe gelegenen Löherstraße stadteinwärts lag.



Im Lauf der Jahre hatte die historische Villa äußerlich ziemlich gelitten, die grau-weiße Fassade war von Abgas und Schmutz angegriffen und verschwand fast hinter dem überwucherten Vorgarten. Das war gar nicht im Sinne seines Erbauers, der die exponierte Lage und Gestaltung bewusst als auffallende Visitenkarte für seinen Wohlstand gewählt hatte. "Aus Richtung Frankfurt kommend bewegt man sich noch heute ca. 1,5 Kilometer geradlinig auf diese Parzelle zu. Sie bildete damals – wie heute - den Blickfang als Entree Fuldas für die Reisenden, die sich von Süden der Stadt näherten. Und so entwarf der Frankfurter Architekt für diesen prominenten Bauplatz ein mit reicher Bauzier geschmücktes, weithin erkennbares Gebäude", heißt es in der Dokumentation.

"Gelb war uns zuerst zu geckenhaft"

Die Kanzlei der Steuerberater Genders und Schuster in der Königstraße platzte in den 1990er Jahren aus allen Nähten, deshalb sahen sich die Inhaber nach einem größeren Objekt um und fanden die Stadtvilla in der Frankfurter Straße auf Anhieb stilvoll, ansprechend und für ihre Zwecke gut geeignet. Doch der Zahn der Zeit verschonte die Fassade nicht und so entschlossen sich die Besitzer vor zwei Jahren, ihren Besitz werterhaltend sanieren zu lassen. Zunächst sah es so aus, als läge der Schwerpunkt in Aufarbeitung der historischen Fenster und der Reparatur der Schäden am Mansardendach. Die Fassade sollte in den bisherigen grau-weiß Tönen erneuert und die Stuckverzierung aufgearbeitet werden. Doch als die beauftragte Restauratorin Stephanie Schmitt bei ihrer Voruntersuchung feststellte, dass der Putz mehrfach überstrichen war und die ursprüngliche Farbgebung - anders als vermutet - in kräftig-hellem Ocker und gelblichem Beige gehalten war, konnten sich die Bauherren das kaum vorstellen. "Das Gelb war uns erst zu geckenhaft", erinnert sich Schuster. Doch nach Absprache mit der Denkmalpflege, die Geld für die fachgerechte Sanierung zuschießt, stand schließlich die Entscheidung: jetzt strahlt das Gebäude wieder so repräsentativ, wie es sich Lorey und Architekt Schnatter einst vorgestellt und umgesetzt hatten. "Jetzt leuchtet es richtig, man kann es schon aus Höhe der Dura sehen", freuen sich die stolzen Besitzer, die sämtliche Sanierungsarbeiten tagtäglich intensiv begleitet und auch einiges Lehrgeld bezahlt haben.

Geld für Inserate mussten die Eigentümer nicht ausgeben, als sie Mieter für die beiden Geschosse suchten: er hatte sich explizit Freiberufler für die schönen Räume gewünscht - und die kamen dann auch, und zwar ganz von selbst. "Die neue Fassade ist so auffallend und einladend: Das Rechtsanwaltspaar Dr. Risse & Dr. Strelitz-Risse und die Architekten AG Weber + Elsässer haben es nur von außen beim Vorbeifahren gesehen und sich dann als Mieter beworben." Im Dachgeschoss fand das Buchhaltungsbüro Bau Reporting GmbH mit der Spezialisierung auf Baulohnabrechnungen seine neue Wirkungsstätte.

Dass der Blick jetzt ungehindert auf die frische Fassade fällt, liegt an der Neugestaltung des Außengeländes, die die Bauherren als i-Tüpfelchen im Frühjahr vornehmen ließen. Die neu gepflanzten sogenannten „Stadtbirnbäume“ und die Hainbuchenhecke unterstreichen den vornehmen Charakter der Villa. Ein echter Gewinn für die ansonsten baulich nicht gerade ansprechende Frankfurter Straße und ein nachahmenswertes Beispiel für den Erhalt historischer Bausubstanz. (Carla Ihle-Becker) +++


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