"Man nahm den Glauben mit"

Das lange Glockenläuten in Fulda-Trätzhof: 80 Jahre mit Gottesdienst gefeiert

Trätzhof wird 80 Jahre alt
Fotos: Leyla Rommel

19.08.2018 / FULDA - Die Glocken läuteten besonders lang am heutigen Sonntagmorgen in Trätzhof. Und das nicht ohne Grund, denn das Läuten ist ein wichtiger Teil der Geschichte der Gemeinde, die nun ihr 80-jähriges Jubiläum feiert. Das ließen sich die Trätzhofer nicht entgehen und so war die kleine Kirche bis auf den letzten Platz besetzt. Pfarrerin Tina Öhm-Ludwig eröffnete die Predigt, ehe Sonja Panhoff, die vor drei Jahren in den Ruhestand verabschiedet wurde, das Wort übernahm.



„Es war ein schöner Anblick, heute Morgen durch den Ort zu fahren, und das große Plakat am Ortseingang zu sehen“, sagt Panhoff. „80 Jahre sind eine lange Zeit, doch zugleich ist sie wie im Flug vergangen. Vor allem die, die als Kinder hierherkamen, können das bestätigen.“ Das Dorf bei Maberzell wurde 1938 im Zuge der Umsiedlungspolitik der Nationalsozialisten gegründet. „Die Menschen aus Dalherda, vornehmlich Bauern, mussten damals ihre Heimat verlassen, die gewohnte Umgebung, ihre Häuser, auch ihre Kirche“, blickt Panhoff zurück. „Sie brachen in ein neues Land auf, das noch verackert werden musste.“ Dort, wo heute das kleine Dorf steht, gab es damals nichts außer Felder. „Sträucher, Blumen, Bäume, das alle musste erst neu gepflanzt werden.“

Der Anfang der Umsiedlung sei ohnehin schon nicht leicht gewesen, doch als der Krieg ausbrach, wurden die Bedingungen noch schwerer. „Manche Väter und Söhne kehrten nicht zurück. Doch man nahm den Glauben mit, der Kraft spendete.“ Zu Kriegszeiten konnte zunächst keine Kirche gebaut werden, Gottesdienste mussten in der Schule gehalten werden. „Der Wunsch nach dem Geläut blieb aber über die Jahre bestehen, das Geläut, das nicht nur den Tag, sondern auch das Leben einteilt.“ Erst wollte man nur einen Glockenturm errichten, doch dann habe man sich nach dem Krieg zum Bau einer Kirche entschlossen. „Alle fassten mit an, mit viel Liebe und Mühe gestaltete man diese Kirche zu Gottes Ehren“, sagt Panhoff. 1956, nach Beendung der Bauarbeiten, wurde schließlich jede Familie befragt, welchen Namen die Kirche bekommen sollte - man einigte sich auf Matthäuskirche.

In Fürbitten wurde an Verstorbene gedacht, für die Jugend gebetet, die die Zukunft gestalten wird, sowie für alle Mitglieder der Gemeinde. Anschließend waren alle eingeladen, im Bürgerhaus gemeinsam zu feiern. Zum Schluss läuteten die Glocken wieder, die die Trätzhofer so sehr lieben. (Leyla Rommel) +++

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