NACHGEDACHT 277

"Wer ist schuldig?" - Sonntagsgedanken von Christina Lander


Foto: Hendrik Urbin

19.08.2018 / FULDA - Während der Sommerpause hat mich natürlich die vermasselte WM-Teilnahme Deutschlands in Russland beschäftigt, der Weltmeister von 2014 hat schmählich verloren und die Nation war in Schockstarre. Tatsächlich war es keine schöne Erfahrung, denn seit vielen Jahren war die Mannschaft immer ganz oben mit dabei, eben bis zu diesem Sommer. Aber gewinnen möchten nun einmal auch andere und unsere Mannschaft hat es eben nicht hergegeben.



Jetzt ist das aber noch nicht alles, was da passiert ist. Nein, die Nation hat das Leid des frühen Ausstieges auf eine Person geladen: Mesut Özil wurde ganz genau in den Blick genommen, vielleicht genauer als manch anderer Spieler. Und so ging ein Prozess in Gang, der ganz schändlich ist.

Es ist schade und traurig, dass wieder einmal der Sündenbockmechanismus fest zugegriffen hat. Die Fehler hätten ganzheitlich gesucht werden müssen, anstatt sie einem Mann aufzuladen. Es ist aber auch schade und traurig, dass Özil selbst ebenso wenig Selbstreflexion an den Tag legte, sodass er in dieselbe Kerbe wie seine Angreifer schlug.

Beide Seiten bleiben demnach bis zum heutigen Tag aus meiner Sicht im Unrecht, beide fühlen sich aber wahrscheinlich dennoch im Recht. Immer die Fehler bei anderen suchen, funktioniert aber nicht. Das schädigt das Miteinander in solch starkem Maße, dass ein Zusammenkommen unmöglich wird. Niemand kann immer Recht haben und jeder sollte ganz ehrlich mit sich und anderen sein, welchen Anteil er an gewissen Dingen trägt, nur so kann es im Guten weitergehen. (Christina Lander) +++

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