Fast ausgestorben

Vorfahrt für den Fischotter: Wiederbesiedelung der Kinzig scheint möglich

Fischotter sind fast ausgestorben
foto: pixabay.com

26.07.2018 / KREIS MKK - Rund 50 Jahre lang galt der Fischotter in Hessen als ausgestorben. Doch diese Bewertung der „Roten Liste“ gehört der Vergangenheit an. Nach Biber, Luchs und Sumpfschildkröte hat Hessen seit einigen Jahren einen weiteren Rückkehrer. Der Fischotter ist eine der Säugetierarten in Europa, die sehr stark bedroht ist. Bundesweit ist er sogar "vom Aussterben bedroht". Daher soll ihm in den kommenden Jahren die Rückkehr an die Kinzig „aus eigener Kraft“ erleichtert werden. Dazu kooperiert die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung (GNA e.V.) seit Anfang 2018 mit der renommierten Heinz Sielmann Stiftung, die das Vorhaben in den nächsten zwei Jahren unterstützen wird.



Der Körperbau des Fischotters ist unverwechselbar. Durchschnittlich 110 bis 130 cm lang, wiegt er sieben bis 10 Kilogramm. Kennzeichnend sind eine stromlinienförmige Gestalt, ein langer Schwanz und Schwimmhäute zwischen den Zehen. Als Lebensraum beanspruchen Fischotter naturnahe, strukturreiche Fließgewässer mit dichter Ufervegetation, die im Winter lange eisfrei sind. Die Baue finden sich - über dem Wasserspiegel liegend - an schwer zugänglichen, überhängenden und stark verwurzelten Uferbereichen, wovon es an der hessischen Kinzig nicht fehlt. Nahrungstiere sind Fische, Amphibien, Krebse, Kleinsäuger, Insekten und Weichtiere wie Muscheln und Schnecken. Fischotter können bis zu 15 Jahre alt werden.

Heimliche Rückkehr

Bereits 2011 wurde die Eignung des östlichen Main-Kinzig-Kreises als potentieller Fischotter-Lebensraum geprüft, mit dem Ergebnis, dass der nordöstliche Teil aufgrund seiner dünnen Besiedlung, großen verkehrsarmen und unzerschnittenen Gebieten sowie vielen störungsarmen, natürlich strukturierten Fließgewässerabschnitten ein großes Potential als Otter-Lebensraum aufweist. 2014 berichtete das Hessische Umweltministerium von Nachweisen an der Eder, im Vogelsbergkreis sowie im Spessart an der hessischen Landesgrenze im Main-Kinzig-Kreis. Letzteres können die ehrenamtlichen Mitarbeiter der GNA bestätigen. Am Unterlauf der Kinzig fanden sich 2016 und 2017 bei Kartierungen eindeutige Trittsiegel der zweitgrößten heimischen Marderart. Außerdem belegt eine wissenschaftliche Studie, dass der Main-Kinzig-Kreis einen wichtigen Knotenpunkt für Verbindungskorridore für isolierte, europäische Otterpopulationen darstellt.

Todesfalle Straßenverkehr

Um dem Fischotter die Wiederbesiedlung zu erleichtern, ist neben Maßnahmen zur Lebensraumentwicklung, wie sie die GNA seit Jahren durchführt, auch die Reduzierung der Gefahren durch den Straßenverkehr von entscheidender Bedeutung. Vor allem die Fischotterrüden legen bei ihren Wanderungen große Strecken zurück. Sie besitzen eine natürliche Scheu, unter Brücken und Querbauwerken hindurch zu schwimmen oder zu waten. Möglicherweise meiden sie die dunklen Wasserstellen wegen veränderter Strömungsbedingungen, Licht- und Akustikverhältnisse. Wenn für die Fischotter nicht die Möglichkeit besteht, das Hindernis auf einem Uferstreifen ("Berme" = überflutungssicherer Laufsteg) zu unterqueren, verlassen sie das Gewässer und suchen einen Weg über die Brücke, wo sie sehr oft von Fahrzeugen erfasst werden. So ist der Straßenverkehr mit rund 75 % die häufigste Todesursache bei Fischottern.
Diese Gefahrstellen möchte die Naturschutzorganisation entlang der Kinzig künftig verringern. Dazu sollen zwischen Wächtersbach und Hanau alle Quer- und Brückenbauwerke erfasst und hinsichtlich ihrer Passierbarkeit beurteilt werden. Zusätzlich werden die relevanten Lebensraumstrukturen, wie Kiesbänke, Schilfsäume und Einmündungen der Nebengewässer sowie, insofern vorhanden, Fischotterspuren (Trittsiegel, Kot und Otterausstiege) erfasst. Des Weiteren bewerten die Experten der GNA gewässernahe Seen, Teiche und Altarme in ihrer Funktion als Lebensraum sowie Nahrungs- und Wanderbiotop.

„Eine Auswilderung des Fischotters ist nicht geplant.“ stellt die erste Vorsitzende der GNA, Susanne Hufmann, fest. „Obwohl in der Vergangenheit verschiedene Tierarten, darunter der Biber, mit Erfolg wieder angesiedelt wurden, ist eine Auswilderung des Fischotters in Fachkreisen umstritten, da seine Lebensraumansprüche an das jeweilige Fließgewässer - weder hier noch bundesweit - nicht vollständig erfüllt werden können.“ Nicht zuletzt deshalb favorisiert die GNA eine aktive Wiederbesiedlung durch die Tierart selbst.

Spenden helfen

Zur Unterstützung ihres wichtigen Artenschutzprojektes bittet die GNA um Spenden auf das Konto mit der IBAN: DE75 5066 3699 0001 0708 00 bei der Raiffeisenbank Rodenbach, Stichwort: Fischotter.
Spenden an die gemeinnützige Naturschutzorganisation sind steuerlich abzugsfähig. Zur Ausstellung einer Spendenbescheinigung werden der Name und die Anschrift des Spenders benötigt. Spätestens Anfang des nächsten Jahres versendet die GNA die Spendenquittungen zur Vorlage beim Finanzamt, auf Wunsch auch sofort. Mehr Informationen unter www.gna-aue.de. (pm)+++

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