Richter schlägt Vergleich vor

Taubenfütterin aus Überzeugung drohen 20.000 Euro an Bußgeldern

Taubenfüttern ist in Fulda ausdrücklich verboten
Fotos: Carina Jirsch

10.07.2018 / FULDA - Weil sie immer wieder gegen das Taubenfütterungsverbot der Stadt Fulda verstoßen hat, stand am Montag eine 64-Jährige Frau aus Fulda vor dem Amtsgericht. Ihr wird vorgeworfen, die Vögel sowohl auf dem Bahnhofsvorplatz als auch am Uniplatz regelmäßig mit Körnerfutter versorgt zu haben, obwohl das die Straßensatzung der Stadt ausdrücklich untersagt. Immer wieder bekam sie deshalb Bußgeldbescheide, die sich mittlerweile auf eine Summe über 20.000 Euro belaufen. Doch die 64-Jährige ist davon überzeugt, dass die Tauben Hunger leiden und von unsachgemäßem Futter wie Kuchen, Pommes und Essenresten krank werden.  

Die am Montag vor dem Amtsgericht verhandelten fünf Fälle verbotswidriger Taubenfütterung sollen im Februar und März dieses Jahres stattgefunden haben. Da die Stadt die betreffenden Plätze mit Videoüberwachung ausgestattet hat, wurde die Fütterung jeweils dokumentiert und auch jedes Mal zur Anzeige gebracht. Die Beschuldigte wollte sich vor Gericht zunächst nicht äußern, weil sie sich anwaltlich nicht angemessen vertreten fühlte. Ihr Anwalt habe seine Kanzlei in Berlin und den Gerichtstermin deshalb nicht wahrnehmen können.

In Fulda und Umgebung habe sie niemanden gefunden, der sie vor Gericht vertreten wolle, deshalb müsse die Verhandlung vertagt werden, sie fühle sich nicht fair behandelt. Richter Christoph Mangelsdorf ließ sich auf diese Argumentation nicht ein, lehnte die Vertagung ab, machte aber gleichwohl einen Vorschlag zur Güte. Wenn die 64-Jährige bei Gericht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgebe, könne man sich eventuell mit der Stadt auf einen Vergleich einigen. Nach Auskunft der Taubenfreundin habe sie das Füttern Anfang April komplett eingestellt, obwohl ihr die hungrigen Vögel leid taten. Zum richterlichen Vorschlag wollte sie sich ohne ihren Rechtsanwalt nicht äußern. Da auch die Vertreter der Stadt Fulda nichts Grundsätzliches gegen einen solchen Vergleich einzuwenden hatten, wurde das Verfahren bis zur endgültigen Klärung ausgesetzt. 

Taubenmanagement der Stadt gefordert

Die Beschuldigte wollte sich nicht vor unserer Kamera äußern, weil sie wegen ihrer fortgesetzten Fütteraktionen bereits massiv beschimpft und bedroht worden sei. Ihr liegt nach eigenen Worten am Wohl der Tiere, die in den Innenstädten hungern müssten. Der Stadt will sie ein durchdachtes Taubenmanagement ans Herz legen. Beim sogenannten "Augsburger Modell" werden die Vögel ausschließlich an eigens dafür eingerichteten Taubenschlägen gefüttert, so dass man dort auch gezielte "Geburtenkontrolle" durchführen kann. Die Eier werden regelmäßig durch Gipseier ersetzt, so dass die Taubenpopulation langfristig sinkt.

Die Stadt setzt auf das in der Fuldaaue 2015 gebaute Taubenhaus und hofft, die Stadttauben von diesem städtischen Angebot überzeugen und aus der Innenstadt hinauslocken zu können. Dem widersprechen Taubenfreunde wie Alja Epp-Naliwaiko: Die Stadttauben ließen sich als besonders standorttreue Tiere nicht aushungern und vertreiben. Im Gegenteil: Je weniger Futter sie bekämen und fänden, umso stärker vermehrten sie sich - quasi als eine biologische Gegenwehr. Und dass die Vögel in der Öffentlichkeit so verhasst seien, weil sie angeblich Zecken und Krankheiten übertragen würden, sei auch ein fundamentaler Irrtum. "Haustiere wie Hunde und Katzen sind viel häufiger von Zecken und anderen Parasiten befallen. Tauben sind nach Einschätzung eines Experten nicht gefährlicher als ein frisch gegossener Blumentopf." Ob sich die Vertreter der verschiedenen Konzepte einander annähern werden, bleibt abzuwarten. (Carla Ihle-Becker)+++

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