Mehr Lärmschutz an beiden Strecken

Das soll der Bahnausbau bringen: FRA-FD in 39 Minuten und Hessen-Express

Auch in den Pausen des Dialogforums am Freitagnachmittag in Wächtersbach wurde eifrig diskutiert
Fotos: Hans-Hubertus Braune

16.06.2018 / WÄCHTERSBACH - Vier Jahre hat das Dialogforum der Deutschen Bahn getagt und nun ist die Katze aus dem Sack: Auf 44 Kilometern Länge zwischen Gelnhausen und Fulda wird neu gebaut, davon führen rund 28 Kilometer durch Tunnel und ungefähr vier Kilometer über Brücken. Das sind die wesentlichen Kennzahlen der Trassenvariante IV. Diese führt durch das Kinzigtal, überquert (oder auch nicht) den Kinzigtalsee, über eine längere Brücke bei Schlüchtern, um dann in einem 9,7 Kilometer langen Tunnel bei Mittelkalbach auf die bestehende ICE-Trasse Würzburg - Fulda zu münden. Läuft alles, soll die Fahrzeit von Fulda nach Frankfurt am Main auf 39 Minuten reduziert werden. "Damit rückt Fulda noch näher an das Rhein-Main-Gebiet", sagte Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld.

Die Trassenvariante IV wurde mehrheitlich in Osthessen bevorzugt, nun wolle man aber genau hinschauen, wie die Belastungen in Kalbach und Bronnzell möglichst reduziert und der Lärmschutz verbessert werde, versprachen Wingenfeld und Landrat Bernd Woide. Bis zuletzt wurde zwischen den Varianten IV und VII abgewogen. Beide seien laut Bahnverantwortlichen von den Kriterien her nahezu gleichauf. Unterschiede und damit den Ausschlag für Variante IV gaben die um drei Minuten geringe Fahrtzeit und die Wirtschaftlichkeit. "Drei Minuten hören sich wenig an, sind aber in der deutschlandweiten Taktung sehr viel", sagte Dr. Reinhard Domke. Damit steigen auch für Hanau die Chancen wieder, vermehrte ICE-Halte zu bekommen.

Hessens Verkehrsminister Tarek Al Wazir machte in seinem Statement deutlich, dass der Ausbau der Strecke auch für die Region Vorteile bringe. Derzeit werden die Regionalbahnen von verspäteten Fernzügen sprichwörtlich aufs Wartegleis geschickt. "Mit einem dritten und vierten Gleis fällt dies weg", sagte Al Wazir, der eine bessere Taktung der Regionalbahnen verspricht und den Hessenexpress auf der Verbindung Frankfurt am Main nach Fulda einführen will. Außerdem solle der Lärmschutz auch auf der Bestandsstrecke verbessert werden.

Zwischen Freude und Wut

"Ich sehe beide Strecken als ein Projekt", sagte Al Wazir. Und er machte deutlich: "Bei solchen Projekten gibt es immer Betroffenheit." Und so war die Stimmung laut Forumsteilnehmern tief gespalten. Zwischen Freude und Wut über die Entscheidung der Bahn (erste Reaktionen lesen Sie auch in unserem weiteren Artikel "Mehr zum Thema")

Weiterer Vorteil: Der Güterverkehr soll nachts über die Neubaustrecke führen, was die Menschen an der Bestandsstrecke zusätzlich entlaste. Dr. Reinhard Domke, Projektleiter Neubaustrecke Gelnhausen-Fulda, erklärte in der Pressekonferenz, dass nun mit der Lupe auf die gewählte Trassenvariante geschaut werde. "Wir werden die Einwände und Änderungsvorschläge vor Ort allesamt prüfen", sagte Domke. Ein Knackpunkt ist die geplante Überquerung des Kinzigtalsees. Hier ist die Alternative einer Ostumfahrung des Sees mit in die Planungen aufgenommen worden.

Geht es nach den Planern der Bahn, soll der Abschnitt Schlüchtern - Fulda als Erstes gebaut werden und könnte das dickste Nadelöhr an der überlasteten Strecke Frankfurt am Main nach Fulda (und umgekehrt) lösen. Bis es soweit ist, dürften noch einige Jahre ins Land gehen. Auf ein genaues Datum wollten sich die Bahnverantwortlichen während einer Pressekonferenz in Wächtersbach nicht einlassen. Dies hänge auch von nicht beeinflussbaren Faktoren ab. Das Planfeststellungsverfahren dürfte rund drei Jahre dauern, mögliche Klagen nehmen dann nochmals mehrere Jahre in Anspruch. "Wir hoffen, dass der Zeitraum für Klagen durch das Dialogforum eher gering ist", sagte Gerd-Dietrich Bolte, Leiter Großprojekte Mitte der DB Netz AG.

Die Bahn und die Befürworter der Variante IV möchten am liebsten aufs Gaspedal treten. "Je schneller wir bauen können, desto schneller bekommt die Region die Vorteile der Neubaustrecke zu spüren", sagte Domke. Der Bahnvorstand versprach, auch hinsichtlich der Bauausführung im Gespräch zu bleiben. Al Wazir lobte die aus den negativen Stuttgart-Erfahrungen ins Leben gerufenen Foren bei Großprojekten: "Ich freue mich auch über die bisherige konstruktive Zusammenarbeit im Dialogforum. Es hat sich bewährt, die Öffentlichkeit von Beginn der Planung an zu beteiligen. Damit hat das Dialogforum Neuland betreten. So können auch Anregungen und Einwände grundsätzlicher Natur frühestmöglich diskutiert und bestmögliche Lösungen sowohl für Vorhabensträger als auch für die vom Projekt Betroffenen gefunden werden. Ich bin überzeugt, dass sich dieser Weg für eine weitere zielgerichtete Verwirklichung des Vorhabens auszahlen wird."

Das Dialogforum für den Ausbau Gelnhausen - Fulda habe erst einen Zwischenhalt erreicht. Auch weiterhin werde mit den Kommunen, Bürgern und Initiativen gesprochen, das nächste Forum ist für den 24. September 2018 vorgesehen. Wann der Tunnel bei Schlüchtern (oder Kalbach) angestochen wird, ist dagegen noch rein spekulativ. (Hans-Hubertus Braune) +++

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