"Keine Täuschung" - Staatssekretär Dr. Wolfgang Dippel weiter Doktor
Im Saal des Verwaltungsgerichts Kassel: Hessens Sozial-Staatssekretär Dr. Wolfgang Dippel und seine Anwältin Mirjam Rose.
Alle Fotos: Christian P. Stadtfeld
30.05.2018 / KASSEL -Klatsche für die Universiät Kassel. Der hessische Sozial-Staatssekretär Dr. Wolfgang Dippel (63) aus Fulda behält seinen Doktortitel. Das hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Kassel am Dienstag entschieden. In der knapp zweistündigen mündlichen Verhandlung hat Richterin Sigrun Markowski ausführlich erläutert, dass der CDU-Politker - nach umfassender juristischer Prüfung - weder getäuscht noch ein Plagiat begangen habe. Mit der Aberkennung des Doktortitels "hat es sich die Universität sehr leicht gemacht", findet die Richterin deutliche Worte.
Erleichtert und zufrieden zeigt sich Dr. Dippel kurz nach der Urteilsverkündung des Vorsitzenden Richters Matthias Spillner. Zu O|N sagt der Politiker: "Ich fühle mich bestätigt. Klar habe ich Fehler gemacht, aber nicht getäuscht. Das hat das Gericht so bestätigt." Die Arbeit sei vor 24 Jahren verfasst und eng von den Professoren begleitet worden. "Auflagen hat mir damals niemand gemacht. Die Arbeit wurde mit 'bestanden' bewertet."
2014, wenige Tage nach Bekanntwerden, dass Dippel Mitglied der Landesregierung unter Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wird, wurden verschiedenen Medien - darunter auch OSTHESSEN|NEWS - und der Universität anonyme Hinweise mit Betrugsvorwürfen bei der im Jahr 1994 verfassten Arbeit Dippels zugespielt. Die Vorwürfe lauteten, dass eine bereits existierende Doktorarbeit einer anderen Promovendin über eine andere Gemeinde quasi kopiert und mit den Daten von Breuna als eigene wissenschaftliche Arbeit ausgegeben wurde. Dr. Dippel selbst hatte die Vorwürfe von Anfang an abgestritten und war von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt. Das Gericht hat ihm jetzt, vier Jahre später, Recht gegeben.
Die Hauptfrage, mit der sich die Kammer beim VG Kassel "sehr gründlich", wie Richterin Markowski erklärte, beschäftigt hat, lautet: Liegt ein tatbestandlicher Grund vor, um Dippel den Doktor-Titel zu entziehen? "Nein. Der Vorwurf der Täuschung ist schwer zu halten, denn die Prüfer haben von den Mängeln in der Arbeit gewusst und diese auch bewertet." Das sei dokumentiert und darauf werde in der Arbeit auch hingewiesen. "Deshalb können wir hier nicht von einem Plagiat sprechen." Darüberhinaus habe über den Entzug des Doktortitels auch noch das falsche Gremium der Hochschule entschieden - ein formaler Fehler.
Die Universiät Kassel wurde vertreten durch Prof. Dr. Bernd Overwien, den Vorsitzenden des Promotionsausschusses, sowie Carsten Schwenk, den stellvertretenden Leiter des Justitiariats. Ihre Argumente Zum Urteil konnte O|N beide nicht befragen, da sie nach der Unterbrechung der Verhandlung das Gericht verlassen und nicht auf die Urteilsverkündung gewartet haben. Während der Sitzung hat Overwien aber betont: "Das Verfahren hat uns in keiner Weise Spaß gemacht. Wir haben uns durch den anonymen Hinweis instrumentalisiert gefühlt." Den Doktorvätern hat er vorgeworfen, "ethisch und wissenschaftlich schlecht gearbeitet" zu haben. Diese Aussage befand die Richterin als "befremdlich", denn sie implementiert, dass die beiden Professoren wahrheitswidrig gehandelt hätten. Man habe sich bei der Arbeit darauf verständigt, theoretische Aspekte zu übernehmen und diese dann empirisch zu berwerten.
Die Entziehung des Doktortitels im Februar 2015 sei für Dr. Dippel politisch wie auch privat nicht einfach gewesen und habe möglicherweise auch seinen Ruf beschädigt. "Ein Staatssekretär steht im besonderen Fokus der Öffentlichkeit, denn von ihm erwartet man Glaubwürdigkeit und keine Betrügereien. Es gab seitens der Universität keine tragbare Beweislast für die Aberkennung", so das Gericht, das von einem "atypischen Fall" spricht. Gerade deshalb müsse man die Frage offen stellen, ob der Entzug des Titels die ultima ratio gewesen sei. Für Dr. Dippel und seine Rechtsanwältin Mirjam Rose aus Frankfurt ist der heutige Tag ein Befreiungsschlag - und auch im politischen Wiesbaden ist man froh über das Urteil. Wie die Uni Kassel reagiert, ist offen. (Christian P. Stadtfeld) +++