Jubiläen zwischen Partnerschaften
Städtepartnerschaften sind die alternative Außenpolitik der Kommunen
v.l.:Mit ihren Unterschriften bekräftigten die Bürgermeister Lode Hofmans und Bernhard Ziegler sowie die Parlamentsvorsteher Sonja de Porter und Erich Rahn die Erneuerung der Städtepartnerschaft
Fotos: Dieter Graulich
22.05.2018 / HERBSTEIN -
„Die lebendigen Partnerschaften zwischen Ranst in Belgien, Hèviz in Ungarn und Herbstein im Vogelsberg sind kleine aber funkelnde Mosaiksteine im Haus Europa“, mit diesen Worten wies Kreisbeigeordneter Jürgen Ackermann am Pfingstsonntag auf die Bedeutung der 50- und 25-jährigen Jubiläen zwischen den drei Städten hin. Es sei gut, wenn gerade junge Menschen die Normalität der Toleranz erlebten, über den Tellerrand hinwegschauten, voneinander lernten, sich austauschten, Freundschaft und Nähe zu unseren europäischen Nachbarn spürten.
Ackermann betonte: „Das macht Europa stabil und Europa brauchen wir alle. Wir Politiker können nur das Haus Europa bauen, es liegt in der Hand der Bürger, dieses Haus mit Leben zu füllen“. Städtepartnerschaften zählten zu den wichtigsten Elementen der Völkerverständigung in Europa. Dank sagte er besonders den 160 belgischen Freunden die mit drei Bussen zur Jubiläumsfeier nach Herbstein gekommen waren.
Beeindruckt von der dieser hohen Zahl der belgischen Gäste hatte sich zuvor Staatssekretär Mark Weinmeister vom Hessischen Ministerium für Europaangelegenheiten gezeigt. Eine so große Zahl von ausländischen Gästen habe er noch nie bei einem Partnerschaftsjubiläum gesehen. Er bedauerte aber gleichzeitig, dass keine Delegation aus der Partnerstadt Héviz anwesend sei. Gründe für deren Abwesenheit lägen leider nicht vor. Weinmeister hoffte, dass sich die insgesamt nicht besonders guten Beziehungen der ungarischen Regierung zu Europa wieder verbessern würden. Großes Lob sagte er dem Herbsteiner Partnerschaftsverein und der Jumelage (Belgischer Partnerschaftsverein) für das Engagement in Sachen Völkerverständigung. Humorvoll meinte er abschließend, dass ein Onkel, der etwas mitbringe, besser sei, wie eine Tante, die Klavier spiele, und sicherte dem Herbsteiner Partnerschaftsverein 500 Euro für die weitere Arbeit zu.
Stadtverordnetenvorsteher Erich Rahn betonte, dass man noch heute den Initiatoren Bürgermeister Lothar Wyrtki, Herbstein und Graf de Bergeyck, Oelegem jetzt Ranst, dankbar sein müsse, die vor 50 Jahren diese Partnerschaft auf den Weg gebracht hatten. Als Zeitzeuge erinnerte der damalige Stadtverordnete Erhard Wiegand an die erste Fahrt nach Oelegem zu dem dortigen Verschwisterungskommitee.
Bürgermeister a.D. Manfred Pfeil schilderte in seinem Grußwort die Kontaktaufnahme zur ungarischen Partnerstadt Héviz. Mit einer der Hauptgründe für die Verschwisterung sei das kleine, aber feine Herbsteiner Thermalbad und der größte Thermalsee Europas in Héviz gewesen. Das freiwillige Zusammenfinden von Menschen über die Grenzen hinweg, bezeichnete Christian Janetzko als Sinn und Zweck von Städtepartnerschaften. Letztere seien auch die alternative Außenpolitik der Kommunen und damit ein Garant zur Völkerverständigung und somit auch ein Stück Friedenssicherung. Vordringlichste Aufgabe sei es, die Jugend für die europäischen Ideen zu begeistern. Mit dem Schüleraustausch 2005 mit Héviz, gemeinsamen Fußballspielen der drei Städte und den vielen gegenseitige Besuche sei ein guter Anfang gemacht worden.
Nachwuchs ist Brücke zwischen gestern und morgen
Auch Tom Minnen, Vorsitzender des Jumelage Komitees Ranst appelliert an den zahlreich vertretenen Nachwuchs: „Ihr seid die Brücke zwischen dem was einst war und was morgen kommt. Ihr habt den Schlüssel in der Hand um unsere blühende Partnerschaft weiterhin zu beleben!“ Minnen erinnerte an das Jahr 1968, das er als ein „Umbruchsjahr“ bezeichnete. Seit damals habe sich vieles sowohl in Belgien wie auch in Deutschland verändert. Auf vergilbten Bildern aus der Anfangszeit spreche klar, wie schnell das Eis gebrochen war und aus dem Feind von gestern, der Freund von morgen geboren wurde. Für seine Verdienste um die Partnerschaft wurde er vom Landesbeauftragten des Deutschen Komitees für Europäische Zusammenarbeit und Vorsitzenden des Kyffhäuserlandesverband Hessen, Werner Deubel (Eschenrod), mit der Kyffhäuserverdienstnadel in Gold geehrt.
„Wir müssen dankbar sein für 73 Jahre Frieden zwischen unseren Ländern“, so Bürgermeister Bernhard Ziegler. Krieg und Unruhen seien in Europa aber immer noch nicht zu Ende. So sei in 1968, dem Beginn der Verschwisterung mit Oelegem gerade die Sowjetarmee in die Tschechoslowakei einmarschiert und habe den „Prager Frühling“ gewaltsam beendet. Auch in unmittelbarer Nähe von Héviz sei der Balkankrieg im Gang gewesen und jetzt herrsche in der Ukraine Bürgerkrieg. Dies alles müsse Ansporn sein, weiter an der Völkerverständigung zu arbeiten. „Drei Generationen haben sich seit Gründung der Partnerschaft sehr gut verständigt und zeigen wie eine europäische Integration gelebt wird“, hob Bürgermeister Lode Hofmans/Ranst hervor. Er sei schon sehr früh in Herbstein gewesen und bezeichnete die „Stadt auf dem Berge“, inmitten schöner Natur und mit freundlichen Menschen, als seine zweite Heimat.
Mit dem Eintrag der Festredner in das Goldene Buch und der Unterzeichnung von Erinnerungsurkunden endete der offizielle Teil, den Manuel Hensler in der ersten Vogelsberger Fremdsprache: Hochdeutsch, moderiert hatte. Die musikalische Umrahmung hatten der MGV „Bruderliebe“ Herbstein, die BRASS Formation mit Tim Thrin, Helgo Wiegand, Michael Staubach und Marius Bettenbühl sowie der Musikverein Emblem/Ranst. (gr) +++