"Weitsicht und Kampfgeist"

"Gesicht der Wella" verabschiedet: Norbert Herr geht in den Ruhestand

Dr. Göbel (rechts) von Coty überreichte Norbert Herr zur Verabschiedung in Anerkennung der großen Verdienste die Franz-Ströher-Medaille.
Foto: privat

30.04.2018 / HÜNFELD - Seinen Abschied hätte er sich sicher anders gewünscht: Der langjährige Betriebsratsvorsitzende Norbert Herr wurde in einer Feierstunde bei Coty in Hünfeld offiziell aus seiner aktiven Tätigkeit verabschiedet. Der Standort wird noch in diesem Herbst die Produktion in Hünfeld einstellen.



Zahlreiche Gäste würdigten bei der Verabschiedung Herrs den Kampfgeist, die Weitsicht und den unbedingten Einsatz für die Mitarbeiter. Dr. Gerd Göbel, Hünfelder Werksleiter, konnte dem scheidenden Betriebsratsvorsitzenden die Franz-Ströher-Medaille für die Verdienste um das Unternehmen überreichen. Norbert Herr sei eine herausragende Persönlichkeit, sagte Dr. Göbel, der den Übergang von Wella zu Procter und von Procter zu Coty ganz wesentlich mitgeprägt habe. Er schätze Herrs Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Treue, betonte der Werksleiter. Herr trat 1976 als technischer Zeichner in das Unternehmen ein und stieg sehr schnell zum Teamleiter in Entwicklung und Produktion auf, wurde schon 1981 in den Betriebsrat gewählt, übernahm im Jahr 2000 den Vorsitz des Betriebsrates und wurde 2005 als Vorsitzender auch für dieses Amt freigestellt.

Personalleiter Rolf Werner würdigte besonders die Flexibilität des Betriebsratsvorsitzenden, der stets auch „Sachen geregelt hat, von denen andere sagen, das geht nicht“. Herr habe dabei einen beispiellosen Einsatz gezeigt, der ihn oft auch abends und an Wochenenden gefordert habe. Der Betriebsrat ging in seiner Ansprache gerade auch auf die menschliche Seite des Betriebsratsvorsitzenden ein. Als aktiver Sänger habe er sich auch bei geselligen Anlässen stets hervorgetan. Herr habe sich nie hinter Paragraphen und Gesetzen verschanzt, sondern immer nach Lösungen im Interesse der Mitarbeiter gesucht. Das sei ihm schließlich auch bei dem Sozialplan für die Belegschaft gelungen.

Anerkennende Worte sprachen auch Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Betriebsratsvorsitzende aus der Region und der frühere Werksleiter in der Ära Procter & Gamble, Wolfgang Reißner, der per Video-Konferenz der Versammlung zugeschaltet worden war. Hauptgeschäftsführer der IHK-Fulda Stefan Schunk ging in seinen Dankesworten auf den besonderen Menschen Norbert Herr ein, der sich nicht nur als Betriebsratsvorsitzender außerordentlich für den Standort, das Unternehmen und deren Mitarbeiter eingesetzt hat, er war auch noch in anderen Gremien der IHK wie dem Berufsbildungsausschuss viele Jahre sehr aktiv. Stadtrat Jürgen Bohl nannte Herr „das Gesicht der Wella in Hünfeld“. Für die Hünfelder sei es - trotz aller Veränderungen - stets bei dem vertrauten Namen Wella geblieben. Er sei für die Stadt Hünfeld und dem Bürgermeister auch in schwierigen Zeiten ein unglaublich wichtiger Gesprächspartner gewesen, zu dem engen Kontakt gehalten wurde. Man habe sich stets darauf verlassen können, dass das stehe, was Norbert Herr sage und tue. Er freue sich, dass er Herr auf kommunaler, politischer Ebene im Zweckverband Hessisches Kegelspiel weiterhin begegnen werde. Norbert Herr, der - wie dies am Standort wohl üblich - war das Schlusswort hatte, ging hier zum einen auf den vor mehreren Jahren vorbereiteten Generationswechsel ein, der nun auch wie geplant erfolgt und er nach der geordneten Übergabe der Arbeiten die passive Altersteilzeit starten kann. Was in seinem Schlusswort aber auch sehr kritisch zur Sprache kam: die nicht nachvollziehbare Entscheidung des Konzern, einen Standort wie Hünfeld zu schließen, zumal hier alles von den Arbeitnehmern versucht wurde und es auch mit keinen Zahlen zu begründen sei. Im Anschluss an diese offizielle Verabschiedung hatte der scheidende Betriebsratsvorsitzende Herr auch noch mal die Möglichkeit bekommen, sich von der kompletten Belegschaft zu verabschieden, die im Speisesaal zusammengekommen war. (pm) +++

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