Nach der 'Sintflut'

Großes Aufräumen und Saubermachen - Hat Hochwasserschutz versagt?


Fotos (4): Martin Angelstein

15.04.2018 / REGION - "Am liebsten möchte ich das Haus verkaufen - bloß das will ja keiner mehr", sagt eine verzweifelte Hausbesitzerin in Engelhelms, während ihr Mann mit Besen und Kärcher versucht, dem Schlamm Herr zu werden. Die braune Flut, die sich nach dem gestrigen Dauerregen über ihr Grundstück ergoss, erleben sie nicht zum ersten Mal. "Schon 2013 sind wir total abgesoffen", berichten die Hausbesitzer, die unzulänglichen Hochwasserschutz für die nasse Katastrophe verantwortlich machen. Die Kanäle aus den 80er Jahren seien für die immer häufiger auftretenden Starkregenfälle nicht genügend ausgerüstet und eine Nachbesserung würde Millionenbeträge erfordern. "Aber die sind eben nicht da!".


Dem Eindruck der Fehlplanung widerspricht der Leiter der Kanalabteilung im Abwasserverband Fulda, Peter Geffe. Er ist an diesem Samstag "danach" ebenfalls in der Region unterwegs. Wir treffen ihn am Rückhaltebecken "Alte Mühle" zwischen Engelshelms und Bronnzell. Die Maßnahmen, die gegen das Hochwasser eingeleitet wurden, seien aber erst zur Hälfte umgesetzt, gibt er zu bedenken. Der gestrige andauernde Niederschlag "mit großer Intensität" sei auf einen gesättigten Boden gefallen und habe sich so aufsummiert. Immerhin fielen rund 50 Liter Regen auf den Quadratmeter. Grundsätzlich greife das Konzept mit mehreren dezentralen Regenwasserrückhaltebecken in den betroffenen Ortschaften. Damit werde die Fließgeschwindigkeit des Baches verringert und der Ablauf reduziert.

Das Unwetter hat nicht nur in Engelhelms Spuren hinterlassen. Landauf landab sind die meisten Bewohner heute damit beschäftigt, die braune Brühe und den Schlamm wegzuspülen, Garagen und Vorgärten aufzuräumen oder die Straße vor dem Haus wieder passierbar zu machen. Gegenseitige Unterstützung und Hilfe ist in diesen Stunden ein wirklich gelebtes Wort. Erstmal wieder "normale Verhältnisse" schaffen - an den Schadensersatz oder die mögliche Versicherung wird in diesen Stunden weniger gedacht.

Im Bürgerhaus Künzell-Engelhelms, in dem noch gestern das Wasser hüfthoch stand, ist der Hausmeister mit Verstärkung von Feuerwehr und Nachbarn schon ziemlich weit mit den Aufräumarbeiten gekommen: wenn nicht die Schlammreste an Mauern noch zu sehen wären, könnte man von den ungebetenen Fluten fast nichts mehr ahnen. Doch so aufgeräumt es auch aussieht, der Hausmeister weiß, dass das Wasser in den Fußboden gelaufen ist und dort Schaden angerichtet hat. "Wie schon 2013 - da musste hier alles rausgerissen werden. Und das lässt sich auch diesmal nicht umgehen", fürchtet er die teuren Folgen.

In einem weiteren Ortsteil von Künzell, in Wissels, sind am Samstagnachmittag die meisten Spuren schon beseitigt. Bis zu einem halben Meter hoch standen die Wassermassen und überfluteten Räumlichkeiten des beliebten Lokals "Rhönblick", benachbarte Spielplätze und einen Bauernhof. Bürgermeister Timo Zentgraf führte viele Diskussionen mit Betroffenen, wie man in Zukunft mögliche Hochwasserschäden reduzieren kann. Aber eine mögliche Lösung wird es erst geben, wenn in einigen Wochen die komplette Schadensbilanz vorliegt.

Der Tag nach dem Hochwasser: in allen Fuldaer Ortsteilen ist Großreinemachen angesagt. In Bronnzell stehen in allen Höfen und Vorgärten Möbel und Gerätschaften aus den vollgelaufenen Gebäuden draußen zum Trocknen. Viele Hausbesitzer spritzen die Reste der Schlammbrühe fort und haben die gröbsten Schäden schon beseitigt. Heute sieht es - bei strahlendem Sonnenschein – schon wieder einigermaßen passabel aus, die Keller und vollgelaufenen Geschosse werden gesäubert, nur die Gärten sind von den Schlamm- und Wassermassen übel zugerichtet. Sauer sind vor allem diejenigen, die eine solche Überflutung nicht zum ersten Mal erleben müssen. "Gegen solche Wetterlagen kann man einfach nichts machen, da ist man machtlos", sagt eine Anwohnerin fatalistisch. Und gegen Hochwasser kann man sich offenbar auch nicht wirksam schützen. Das Wasser ist stärker und findet immer seinen Weg. 
(Carla Ihle-Becker) +++

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