Die Suche nach Gerechtigkeit
Streit um Straßenbeiträge geht weiter: Anhörung vor dem Innenausschuss
Anhörung zum Thema Straßenbeiträge am Donnerstag im Plenarsaal des hessischen Landtags
Fotos: Hans-Hubertus Braune
12.04.2018 / WIESBADEN -
In einer öffentlichen Anhörung vor dem Innenausschuss des Hessischen Landtags in Wiesbaden hatten Gegner und Befürworter am heutigen Donnerstag Gelegenheit, ihre Standpunkte in Sachen Straßenbeiträge zu präsentieren. Die Redaktion von OSTHESSEN|NEWS war vor Ort. Hintergrund sind zwei Gesetzesentwürfe von FDP und Die Linke. Während die Linken die Aufhebung der Straßenbeiträge fordern, wollen die Liberalen zumindest ein Gesetz zur Aufhebung des Erhebungszwangs. Nach der Anhörung wird sich der Innenausschuss mit den Ergebnissen der Anhörung beschäftigen, bevor die Gesetzesentwürfe in die zweite Lesung in den Landtag gehen.
Klamme Kommunen müssen zur Sicherung ihres Haushaltes Straßenbeiträge erheben. Diese sind je nach Straßenart (zum Beispiel Durchfahrtsstraße oder Anliegerstraße) prozentual unterschiedlich hoch. Zudem spielen bei der Höhe der Beiträge Grundstücksgröße und Geschosshöhe eine Rolle.
Die kommunalen Spitzenverbände plädieren weiterhin für die Beibehaltung der Straßenbeiträge. Karl-Christian Schelzke, Geschäftsführender Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, schlug vor, die Landeszuschüsse zu erhöhen. Diese sollten für einen noch zu definierenden Standardausbau in kompletter Bauhöhe gewährt werden, nicht nur für den Gemeindeanteil. Ein Knackpunkt in der Diskussion, ob wiederkehrende Beiträge gerechter seien, ist der hohe Verwaltungsaufwand bei der Ermittlung der Beiträge und die jeweiligen Bezirke innerhalb einer Kommune. Der Landtagsabgeordnete Dr. Walter Arnold fragte in Richtung der kommunalen Spitzenverbände, ob eine Landesbeteiligung bei der Erstellung der wiederkehrenden Beitragssätze hilfreich sei. Im Kern geht es in der Diskussion um das zähe Ringen um Gerechtigkeit.
Insbesondere Vertreter der Grundstückeigentümer, Bürgerlisten und Bürgerinitiativen fordern die Abschaffung der Beiträge und eine Rückerstattung für bereits bezahlte Beiträge. Auch einige Bürgermeister wollen die Straßenbeitragssatzung für ihre Bürger streichen, vielmehr solle das Land einspringen. Aktuell haben 365 Kommunen in Hessen eine Straßenbeitragssatzung, nur wenige setzen auf das Modell der wiederkehrenden Gebühr. Der durchschnittliche Beitrag beträgt zwischen 2.000 und 10.000 Euro, einige wenige müssen aber bis zu 60.000 Euro berappen. Diese machten allerdings "nur" 0,026 Prozent der Gesamtbelastungen aus.
Darüber kann Joachim Weber von der IG Sachsenhausen nur den Kopf schütteln. Seine Frau und er müssten insgesamt 125.000 Euro Straßenausbaubeiträge und Kanalanschluss berappen. Er lehnt den Gesetzesentwurf der FDP ab, der Linken-Antrag findet bei Weber Zustimmung, allerdings müsse dafür Sorge getragen werden, dass die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. In seiner achtseitigen Vorlage legt Weber verschiedene Lösungswege zur Finanzierung - unter anderem einen Verkehrswege-Finanzierungsfonds vor. Die Bürger für Niederaula - bei der Anhörung von Rene Rößing vertreten - favorisieren den Gesetzesentwurf der Linken. Ebenso die Bürgerliste Niederaula, die die vorgeschlagene Finanzierung von Land und Bund allerdings kritisch hinterfragt.
Ob das Land finanziell einspringt und die Beiträge grundsätzlich abschafft, erscheint trotz Wahlkampfjahr zumindest fraglich. Doch die Gegner wollen kämpfen und werden sich in ihren Beiträgen in Position bringen. Nach der mehrstündigen Anhörung werden die Diskussionen fortgesetzt. Wir berichten weiter mit Reaktionen von den Parteien, Bürgermeistern und Bürgerinitiativen. (Hans-Hubertus Braune) +++