Rede von Rotary-Vorstand sorgt für Eklat

"Essener Verhältnisse": Tafel-Vorstand widerspricht Vorwurf - "Keine Probleme"

Ein Blick in die Räume der Fuldaer Tafel.
Fotos: Archivbilder

15.03.2018 / FULDA - Eine Rede, die anlässlich eines Benefizkonzertes für die Fuldaer Tafel am Sonntag in der Orangerie gehalten wurde, sorgt im Nachgang für einen Eklat: Der Präsident des Rotary Clubs Fulda-Paulustor, Dr. Michael Imhof, war in seiner Ansprache auf die Geschichte der Fuldaer Tafel eingegangen - und hatte behauptet, dass angeblich auch in der beschaulichen Domstadt mittlerweile viele Flüchtlinge Rentner und alleinstehende Frauen bei der Essensausgabe verdrängen würden. Der Vorstand der Tafel widerspricht und dementiert explizit diese Vorwürfe: "Wir haben keine Probleme und schon gar nicht Essener Verhältnisse."



Ein paar der rund 700 Anwesenden störten sich offenbar an den Worten Imhofs und verließen den Saal noch während der Ansprache. Seit diesem Abend hagelt es Beschwerden über den promovierten Kunsthistoriker, der immer mehr unter Druck gerät. Er selbst kann die Aufregung indes nicht verstehen und fühlt sich missverstanden. „Ich habe bewusst genau darauf geachtet, meine Worte vorsichtig zu formulieren, da ich genau weiß, was sonst auf einen zukommt“, sagt der Verleger im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS.

„In Deutschland ist es mittlerweile so, dass niemand mehr die Wahrheit sagen darf, ohne dafür verurteilt zu werden. Irgendwie ist das schon so wie DDR 2.0.“ Im Gespräch mit der O|N-Redaktion führt Imhof seinen Standpunkt weiter aus, und erklärt, dass es falsch sei zu behaupten, die Fuldaer Tafel hätte nicht mit Problemen durch den Flüchtlingszuzug zu kämpfen.

„Ich bin Mitglied bei der Fuldaer Tafel und habe auch die Statistiken und Zahlen, die die Bedürftigen betreffen“, erklärt er. „Immer wieder wird vom Tafelvorstand behauptet, der Kundenanteil mit Migrationshintergrund läge bei 40 Prozent. Schon das stimmt aber nicht.“ Der Ausländeranteil, so sagt Imhof, läge bei über 50 Prozent. „Ich weiß nicht, warum das nicht klar nach außen kommuniziert wird und finde das Vorgehen der Verantwortlichen einfach nicht gut.“

Binnen eines Jahres, sagt Imhof, sei der Anteil der deutschen Kunden fast um die Hälfte geschrumpft. „Es gibt einige Menschen, die sich gar nicht mehr zur Tafel trauen, weil sie von Flüchtlingsmännern geschubst oder beleidigt wurden. Gerade die Rentner oder alleinstehende Frauen haben da wirklich Angst.“ Die „jungen Migranten“, wie Imhof diese Gruppe der Tafelkunden nennt, benähmen sich größtenteils unmöglich. „Ich habe viel mit den Ehrenamtlichen gesprochen, die dort arbeiten. Diese haben mir erzählt, dass die Männer zum Teil mit dem Auto zur Essensausgabe kämen, die Lebensmittel abholen und das, was ihnen nicht passt, einfach in den Müll werfen.“ Es ginge allerdings noch dreister: „In der Vergangenheit gab es Vorfälle, dass Flüchtlinge Essen abholten, nur um es später an wirklich Bedürftige weiterzuverkaufen.“

Um dafür zu sorgen, dass ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden könne, habe die Tafel, so behauptet Imhof, mittlerweile einen Türsteher engagiert. „Den Flüchtlingen ist es sonst vollkommen egal, ob sie als vierter, oder als zwölfter in der Reihe stehen. Da wird gedrängelt, was das Zeug hält.“ Einfach wegzusehen und so zu tun, als existierten die Probleme nicht, ist nach Auffassung des 53-Jährigen der völlig falsche Weg. „Ich verstehe nicht, warum der Tafelvorstand behauptet, in Fulda sei alles eitel Sonnenschein, wenn es nachweislich gar nicht stimmt. “Die Wahrheit zu sagen und offen über das Thema zu sprechen, kann doch nicht ernsthaft dazu führen, dass man als Ausländerfeind beschimpft wird“, sagt er merklich betroffen.

Vielmehr müsse man die Chance nutzen, Verbesserungspotential auszumachen und an den vorhandenen Problemen zu arbeiten. „Sonst kann man denen, die sich nicht mehr zur Tafel trauen, auch nicht helfen.“

Eine freiwillige Helferin der Fuldaer Tafel bestätigt im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS Imhofs Aussagen. Auch sie berichtet von fordernden jungen Männern mit Migrationshintergrund, aber auch von Flüchtlingsfamilien, die der Meinung seien, es bestünde für sie ein Anrecht auf Versorgung durch den Verein und von frechem Verhalten. „Manchmal hat man das Gefühl, deren Lakai zu sein, der genau das geben muss, was diese verlangen. Tut man dies nicht, gibt es Stress.“

Die ehrenamtliche Mitarbeiterin, die Imhofs Aussagen unterstützt, glaubt, dass der Tafelvorstand die Vorkommnisse herunterspielt: „Seit dem bundesweiten medialen Interesse an den Tafeln und der damit verbundenen Berichterstattung – auch über Probleme mit Flüchtlingen – ist die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung drastisch gesunken. Wahrscheinlich fürchtet man nun, sollte man die Fakten auf den Tisch legen, dass man sich finanziell bald gar nicht mehr über Wasser halten kann.“

Das sagt die Tafel:

Der Vorstand der Tafel dementiert alle Vorwürfe. „Bei uns gibt es keine negativen Vorfälle und auch keinen Türsteher.“ Dass es mal zu einem Gerangel komme, sei normal. „Das kann überall passieren, auch im Supermarkt.“ Zudem habe man mittlerweile Kameras installiert, um mögliche Störenfriede ausmachen zu können. Die Meinung des Tafelmitgliedes und Vorstandes des Rotary Clubs Fulda-Paulustor, Dr. Michael Imhof, ist ihnen ein Dorn im Auge: „Dieser Mann hat bei uns im Vorstand schon öfters für Diskussionen gesorgt. Dass er nun mit seiner Meinung an die Öffentlichkeit geht, halten wir für den falschen Weg. Wir lassen uns von niemandem instrumentalisieren, egal, welche Gründe dahinterstecken mögen“, betont auch der Vorstand der Tafel, Wolfgang Arnold.

Es stimme, dass es mittlerweile weniger deutsche Tafelkunden gebe. „Das kann aber auch daran liegen, dass diese vielleicht eine Arbeit gefunden haben. Die genauen Gründe kennen wir einfach nicht“, sagt Gerhard Krönung, der sich bei der Tafel ehrenamtlich als Tagesverantwortlicher engagiert. „Es ist ja auch so“, erklärt Arnold, „die Grundidee der Tafel ist nicht, vordergründig eine Armenspeisung durchzuführen. "Vielmehr geht es darum, keine genießbaren Lebensmittel wegzuwerfen. Solange ich hier sitze, wird jeder etwas bekommen, der darum bittet. Ich werde nicht zulassen, dass Menschen differenziert behandelt werden.“ (mr) +++

X