200.000 Euro für Sanierung
Das Herzstück von Loheland: Die Waggonia wird wachgeküsst
Foto: Leoni Rehnert
05.03.2018 / KÜNZELL -
Kaum eine Schönheit dürfte hierzulande unbekannter, versteckter und mystischer sein als die antroposophische Siedlung Loheland. Und wer jetzt einwendet: „Ach was, das kennt man doch. Dort ist eine Waldorfschule“, der wird mit großer Wahrscheinlichkeit dennoch kaum etwas über die Seele dieses 45 Hektar großen grünen Fleckens oberhalb von Dirlos wissen. Um das Fundament dieses - früher auch Tänzerinnenkloster und Amazonenstaat genannten - Ortes zu beleben und den Geist des Ursprungs wachzuhalten, gab es jetzt 200.000 Euro von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Lotto Hessen - zur großen Freude vieler geladener Gäste und Freunde von Loheland.
Vor 99 Jahren begründeten dort Hedwig von Rohden und Louise Langgaard ein Frauenprojekt der Moderne, ein geistig-kreatives Zentrum, eine Gemeinschaft innerer Bindung und Freiheit gleichermaßen. Hier siedelten die beiden charismatischen Frauen die Loheland-Schule für Gymnastik, Landbau und Handwerk an. Und sie schufen damit 1919 ein kollektives Lebensmodell und einen Ort, der heute ein „Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung ist“, wie es Eric Seng, Ministerialdirigent im Ministerium für Wissenschaft und Kunst bei seinem Besuch genannt hat.
Anlass der zahlreichen Gäste, gerade jetzt Loheland aufzusuchen, war ein dicker Scheck, mit dem das Herzstück wachgeküsst werden soll, das Waggonia heißt und in der Tat aus vier Eisenbahnwaggons der preußischen Reichsbahn besteht. Man hatte schier ein Bild vor Augen, wie 1926 die vier großen ausrangierten Waggons auf Lastwagen von Berlin nach Loheland gebracht wurden, so anschaulich berichtete aus dieser Zeit Elisabeth Mollenhauer-Klüber, die das Archiv der Loheland-Stiftung betreut und es quasi verkörpert.
Diese geschichtsträchtigen Waggons werden nun unter der Regie des Architekten Peter Sichau sozusagen aufgearbeitet, der dabei stets den Geist der gesamten Anlage in den Blick nimmt. „Es geht darum, die Begeisterung wachzuhalten und diesen Ort wieder zum Impulsgeber für gesellschaftliche Entwicklungen zu machen“, beschreibt er.
Die Begeisterung der Gäste brach sich nach dem Durchstreifen der Waggonia bei der Scheckübergabe durch Hans Dohm (Stiftung Denkmalschutz) und Holger Petri (Lotto Hessen) im warmen Wiesenhaus noch einmal Bahn: Von allen gab es herzlichen Dank an die Macherinnen Ursula Grupp, Geschäftsführerin der Loheland-Stiftung, und Elisabeth Mollenhauer-Klüber, die sich ihrerseits über das Lob und die Spende freuten. Erster Kreisbeigeordneter Frederik Schmitt bezeichnete das Kulturdenkmal Waggonia als das Herz Lohelands, das auch den Mut der Pionierinnen dieser Frauenbewegung verkörpere. „Wir stehen heute noch auf den Schultern dieser mutigen Frauen. Ohne sie wären viele Schritte in der Gleichberechtigung so wohl nicht möglich gewesen“, sagte er.
Lob und Anerkennung gab es auch von Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke, MdL Markus Meysner und Künzells Bürgermeister Timo Zentgraf. Sie alle nannten das Geld gut angelegt und versprachen Unterstützung. (pm) +++