Jüdisches Museum

Handnagelgerät für Schuhmacher - Rekonstruktion mit der Universität Kassel

Dipl. Ing. Christian Skaley war maßgeblich an der Visualisierung und Rekonstruktion des Handnagelgerätes beteiligt
Fotos: Gudrun Schmidl

21.01.2018 / ROTENBURG/F. - Der in Rotenburg an der Fulda lebende jüdische Schuhmachermeister Jakob Katz entwickelte zusammen mit dem evangelischen Fernmeldetechniker Jakob Köpping ein „Handnagelgerät für Schuhmacher“, das 1913 patentiert wurde. Das Gerät, mit dem zur Befestigung der Sohle Holznägel eingeschlagen werden, wurde von Technikern der Universität Kassel, Lehrern und Schülern des Berufsfortbildungswerks Kassel rekonstruiert. Die Rekonstruktion des Handnagelgerätes wurde am Freitag an das Jüdische Museum Rotenburg übergeben.



Dr. Heinrich Nuhn, Vorsitzender des Förderkreises Jüdisches Museum, begrüßte zunächst im Rathaus zahlreiche Gäste zu der Veranstaltung, an der auch Nachfahren von Jakob Katz und Jakob Köpping teilnahmen. Nach den Grußworten von der Ersten Stadträtin Ursula Ender und des Präsidenten der Universität Kassel, Prof. Dr. Reiner Finkeldey, erläuterte Dipl. Ing. Christian Skaley ausführlich die Visualisierung und Rekonstruktion des Handnagelgerätes, bevor Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar das interdisziplinäre Projekt beleuchtete. Dieses Projekt unter Beteiligung vieler junger Menschen wurde durch Sponsorengelder der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen erst möglich.

Prof. Dr. Reiner Finkeldey ist für diese erinnerungskulturelle Arbeit dankbar. „Diese Aufgabe wird immer wichtiger, denn immer weniger Zeitzeugen können noch berichten. Für die Uni Kassel ist es von Bedeutung, ihre Aktivitäten der Erinnerungskultur in einen regionalen Konsens zu stellen“. Ursula Ender bekräftigte, dass die Mikwe ein historischer Fleck ist. „Die Wiederherstellung des Hauses war der Stadt sehr wichtig als Stätte der Erinnerung, der Dokumentation und der Erforschung der Geschichte der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich Dr. Heinrich Nuhn zur Lebensaufgabe gemacht hat.

Ernst Kreis und Erika Blawath geb. Kreis fanden bei dem anschließendem Gedenken an den Stolpersteinen für Bertha, Frieda und Jakob Katz berührende Worte, die sie mit Gesang umrahmten. Der Enkelsohn von Jakob Köpping erinnert sich, dass sein Großvater die Schuhe stets zur Reparatur in die Werkstatt zu Jakob Katz gebracht und ihn bei der Arbeit beobachtet hat. Das mühsame Besohlen der Schuhe ließ den Bastler und Tüftler Köpping ins Grübeln kommen. Er zeichnete eine Maschine, die er als „Schuhbesohlmaschine“ bezeichnete und tüftelte mit Jakob Katz so lange weiter, bis das Gerät funktionierte. Die Geschichte des gemeinsamen Projektes von Jakob Katz und Jakob Köpping ist in der Ausstellung im Jüdischen Museum nachzuvollziehen.

Hier fand die Patenturkunde hinter Glas ihren Platz. Im gleichen Raum, unter einem der bedeutendsten Ausstellungstücke, einem Beschneidungstuch, hängt nach einer Vorbereitungs- und Herstellungsphase von rund 10 Jahren die Rekonstruktion des Handnagelgerätes für Schuhmacher, die im Original nie ein Verkaufsschlager war. Jakob Köpping vergrub die Maschine 1914 im Garten – er musste Kriegsdienst in Belgien leisten. Nach seiner Rückkehr fand er nur noch verrostete Überreste vor.

Dieses Handnagelgerät findet aber ganz besonders als Ausdruck einer gelungenen Zusammenarbeit christlicher und jüdischer Bürger im Jüdischen Museum in Rotenburg seinen Platz. Es war ein berührender Moment, als die Enkeltöchter der beiden Tüftler, Erika Blawath und Hanna Malbin, das Handnagelgerät enthüllten. So eine Geste zeigt, dass man verzeihen kann, auch wenn man nie vergessen wird. Auch drei Urenkel von Jakob Katz reisten auf den Spuren ihrer Vorfahren nach Rotenburg an der Fulda. Ittai Malbin gedachte in einer Ansprache seinen Angehörigen, die Opfer des Holocausts wurden. (Gudrun Schmidl) +++

X