Die Kirche in Zeiten des Umbruchs

"Das lässt mich nicht kalt": Letzter Neujahrsempfang von Bischof Algermissen

Bischof Heinz Josef Algermissen
Fotos: Martin Engel

02.01.2018 / FULDA - In diesem Jahr wird Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des Fuldaer Bischofs Heinz Josef Algermissen annehmen, der im Februar 75 wird. Und so war es am Montagmorgen nach 16-einhalb Jahren im Amt der letzte Neujahrsempfang, den der Bischof im festlich geschmückten Refektorium des Bischöflichen Priesterseminars ausrichtete. Eine gewisse Gerührtheit konnte er daher vor den etwa hundert Gästen aus Kirche, Politik und öffentlichem Leben nicht verhehlen: "Das hier lässt mich keineswegs kalt", gab Algermissen freimütig zu. Schon zuvor - am Ende des Pontifikalamtes im Dom - hatten zahlreiche Menschen ihrem Bischof zum neuen Jahr und für die Zukunft viel Gutes gewünscht.


Die Anerkennung für den Oberhirten spiegelte sich auch in der Anwesenheit zahlreicher Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kirche. Neben Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld kamen auch seine drei Amtsvorgänger Dr. Wolfgang Hamberger, Dr. Alois Rhiel und Gerhard Möller. Weiterhin der Kasseler Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke, Landrat Bernd Woide und Erster Kreisbeigeordneter Frederik Schmitt, CDU-Bundestagsabgeordneter Michael Brand, CDU-Landtagsabgeordneter Dr. Walter Arnold, dessen Vorgänger Dr. Norbert Herr, die Fuldaer Stadtverordnetenvorsteherin Margarete Hartmann sowie Dr. Constantin von Brandenstein, der Präsident des Malteser Hilfsdienstes.Den Empfang eröffnete Weihbischof Karlheinz Diez in Vertretung des erkrankten Generalvikars Professor Dr. Gerhard Stanke. Diez begrüßte zahlreiche Gäste namentlich und dankte den anwesenden Kirchenleuten, die sich für die Weitergabe des Glaubens einsetzen, für ihre vielfältigen Dienste im Bistum. Der Weihbischof erinnerte an zahlreiche Veranstaltungen im Lutherjahr 2017, die die Ökumene ein gutes Stück vorangebracht hätten. Und er gab eine kurze Zwischenbilanz des derzeitigen Großprojekts, wonach die Pastoral im Bistum bis 2030 umstrukturiert werden soll, was der steigenden Zahl der Kirchenaustritte geschuldet ist. "Aber", so Diez zuversichtlich, "es gibt nicht nur Rückgang und Schwund, sondern auch neues Interesse gerade bei jungen Leuten und zunehmend auch Erwachsenentaufen."

OB Dr. Heiko Wingenfeld ging in seinem Grußwort auf die gesellschaftlichen Veränderungen in Fulda seit dem Bonifatiusjahr 1954 ein: "Damals lag der Anteil der Katholiken bei 70 Prozent, 2016 waren es nur noch 45 Prozent. Bei 18 Prozent Protestanten ebenfalls im Jahr 2016 stellt man fest, dass über 30 Prozent keinen christlichen Glauben haben." Gleichzeitig habe es in Fulda 1954 gerade einmal 294 Ausländer gegeben, heute seien es 10.300. "Wir alle gemeinsam müssen uns den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen und Verantwortung übernehmen. Ich bestärke die Kirche darin, sich in öffentliche Debatten einzumischen und das Evangelium ins Heute zu übersetzen. Denn immer mehr Menschen sind auf der Suche nach Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit."

Pfarrer Jan Kremer aus Petersberg als Sprecher des Priesterrates sagte: "Wir als Priester sind das Ohr des Bistums, das die Menschen hören und die Zeichen der Zeit deuten muss. Die Menschen erwarten überzeugende Standpunkte, deswegen müssen Kirche und Politik den Dialog halten. Zum Glück gibt es in Fulda einen großen Konsens, wie die Gesellschaft zu gestalten ist." Kremer erinnerte an das Wort des Papstes, wonach Überflüssiges aufzugeben und das Wahre, Gute und Authentische zu suchen sei.

Bischof Heinz Josef Algermissen nahm in seinen Ausführungen direkten Bezug auf seine Vorredner und sagte, dass er den Rückgang an christlicher Kultur und das schwindende Verständnis für christliche Traditionen weniger im Zusammenhang mit einer größer werdenden Zahl von Muslimen in unserem Land" sehe. Vielmehr sorge er sich um den Verlust am christlichen Glauben in der Gesellschaft. "An dieser Stelle sind die Kirchen unbedingt herausgefordert." Der Bischof dankte der Stadt und dem Landkreis: "Das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit bedeuten mir sehr viel, und sie helfen beim gemeinsamen Einsatz zugunsten der uns anvertrauten Menschen in der Stadt und in der Region." (mw) +++

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