"Unsere Rhön - gemeinsam stark"

Nationalpark Rhön: Sind 545 Arbeitsplätze in Gefahr?

Vorstellung des Gutachtens „Auswirkungen eines möglichen dritten Nationalparks auf die Forst- und Holzwirtschaft und den Klimaschutz in der Rhön“ durch Prof. Hubert Röder (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf). Eingeladen hatte der Verein „Unsere Rhön - gemeinsam stark“. von links: Edgar Thomas, Daniel Wehner, Prof. Hubert Röder und Erwin Kruczek.
Fotos: Marion Eckert

04.12.2017 / SCHÖNAU A.D. BREND - Das Sportheim Schönau war nahezu voll besetzt. Viele Bürgerinnen und Bürger aus den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen waren der Einladung des Vereins "Unsere Rhön - gemeinsam stark" gefolgt, um die Ausführungen von Prof. Hubert Röder (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf) zu hören. Das Fazit ist mit einem Satz zusammenzufassen: "Wir brauchen nicht das Prädikat eines Nationalparks", sagte er am Ende seiner knapp einstündigen Ausführungen.



Durch einen Nationalpark wären die Arbeitsplätze von 545 Beschäftigten gefährdet und es drohe ein Umsatzrückgang von 96 Millionen Euro. Der Cluster Forst und Holz sei in Bayern der wichtigste Arbeitgeber im ländlichen Raum und rangiere hinter Fahrzeugbau, Maschinenbau und Elektronische Geräte auf Platz vier noch vor der Metallindustrie. In der Rhön vor allem im Landkreis Bad Kissingen sei es mit 6,9 Prozent ein sehr wichtiger Arbeitsmarkt. Der Anteil am Gesamtumsatz betrage 15,5 Prozent. „Das bedeutet jeder siebte Euro, der über den Tisch geht, hat mit Holz zu tun.“ Eine Stilllegung der Waldflächen in der Rhön führe kurzfristig zu einem Verlust nachhaltiger Wertschöpfung und qualifizierter Arbeitsplätze, erklärte Röder. Die im Gutachten des Staatsministeriums prognostizierte Entwicklung des Tourismus über das bestehende Maß (Biosphärenreservat) hinaus durch einen möglichen 3. Nationalpark ab 2030 erscheine fraglich.

Auch aus naturschutzfachlicher Sicht seien durch einen Nationalpark keine positiven Entwicklungen zu erwarten. Im Gegenteil, erst durch nachhaltige naturnahe Forstwirtschaft mit integriertem Naturschutz werde multifunktionelle Vielfalt auf der gesamten Waldfläche in Bayern geschaffen. Geeignete Maßnahmen biete bereits heute schon das Naturschutzkonzept der Bayerischen Staatsforsten und des Biosphärenreservats mit zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen zur Steigerung des Tourismus. Zu den Schwerpunkten in der Rhön zähle die Freihaltung von Offenlandflächen und Wiesentälern, die Pflege von Quellgebieten, Mooren und Blockhalden, das Totholz- und Biotopbaumprogramm sowie die Förderung von Horstbäumen und Alteichen. „In der Kernzone eines Nationalparks würden diese Maßnahmen voraussichtlich nicht mehr stattfinden“, so Prof. Röder.

Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung mit gesteigerter Holzverwendung führe zu hohen Klimaschutzeffekten und nachhaltiger Wertschöpfung im ländlichen Raum. Dies könnte durch Kompetenzzentren zur Steigerung des Holzbaus und des Klimaschutzes in Bayern weiter ausgebaut werden. „Die nachhaltige Nutzung des Waldes im Zielgebiet Rhön entlastet die Atmosphäre um 46.464 Tonnen CO2 pro Jahr. Dies entspricht einer Stilllegung von 31.000 Mittelklasse Pkw jährlich.“ Auch das Kapitel Klimaschutzeffekte beinhalte das Gutachten des Staatsministeriums nicht.
Ein Verzicht auf die Holznutzung in Bayern führt zu mehr Holzimporten (z.B. aus Osteuropa). Dort seien wesentlich größere Flächen zur Bereitstellung vergleichbarer Holzmengen notwendig bei deutlich niedrigeren Umwelt-Standards. Nur durch 300 Jahre nachhaltige Forstwirtschaft sei der Wald in Bayern so reich und vielfältig geworden, wie er sich heute präsentiere. „Wir arbeiten nicht gegen sondern mit der Natur“, sagte Röder.

Professor Röder ist Sprecher für das Cluster Forst und Holz in Bayern sowie Leiter des Fachgebiets für Betriebswirtschaftslehre Nachwachsender Rohstoffe der Hochschule Weihenstephan Triesdorf. Er hat im Auftrag des Bayerischen Bauernverbandes, des Bayerischen Waldbesitzerverbandes, der Bayerischen Papierverbände und der Familienbetriebe Land und Forst Bayern das Gutachten erstellt, in dem die „Auswirkungen eines möglichen dritten Nationalparks in der Rhön auf die Forst- und Holzwirtschaft und den Klimaschutz in Bayern“ untersucht werden.
Die Verbände sahen die dringende Notwendigkeit dieses Gutachten erstellen zu lassen, da das Umweltministerium, trotz der Aussage „die Möglichkeiten für einen dritten Nationalpark umfassend zu prüfen“ bislang nicht über ausreichende Daten verfüge, um die Folgen der Ausweisung eines Nationalparks zu prüfen. Bei dem von der Staatsregierung in Auftrag gegebenen Gutachten handle es sich um eine Sozioökonomische Evaluierung, die nahezu ausschließlich den touristischen Aspekt berücksichtige, aber nicht in ausreichender Weise die Belange des Forstes und der Holzwirtschaft, erklärte der Referent.

Die Vorstandschaft des 562 Mitglieder starken Vereins mit den Vorsitzenden Daniel Wehner, Erwin Kruczek und Edgar Thomas freute sich unter den Gästen auch den stellvertretenden Landrat Peter Suckfüll, Landtagsabgeordneten Sandro Kichner sowie zahlreiche Bürgermeister begrüßen zu können. Ortsbürgermeister Rudi Zehe sowie Peter Suckfüll betonten die Notwendigkeit möglichst viele Informationen zum Thema Nationalpark zu bekommen.
Bedauert wurde, dass die Umweltministerin Ulrike Scharf das vorliegende Gutachten von Prof. Hubert Röder nicht zur Kenntnis nehme und ausschließlich mit den Zahlen der von ihr in Auftrag gegebenen Evaluierung arbeite. Sandro Kirchner hat dazu eine eindeutige Meinung: "Wenn ein Professor der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ein Gutachten erstellt, sollte es vom Freistaat zur Kenntnis genommen werden. Ein Gutachten, das die forstwirtschaftlichen Aspekte nicht berücksichtigt, sollte man nicht verwenden." (me) +++

Groß war das Interesse an der Informationsveranstaltung des Verein „Unsere Rhön - gemeinsam stark“.



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