Kurzserie zur Frankfurter Buchmesse (Teil 3)
Der Buchdruck in Fulda in der Frühen Neuzeit: Das gedruckte Wort als Waffe
Symbolbild: Pixabay
12.10.2017 / FULDA -
In den früh protestantisch geprägten Städten Marburg, Hanau und Kassel konnte das neue Gewerbe des Buchbinders bereits im 16. Jahrhundert Fuß fassen. Es waren nämlich Luther und seine Mitstreiter, die sich zuerst die Technologie des Buchdrucks zu Nutze machten und dem neuen Medium vor allem in Gestalt von Flugschriften einen bis dato nicht für möglich gehaltenen Höhenflug bescherten – wenn man so will war die Reformation der erste historische Vorgang, der gleich als gedruckte Reportage verbreitet wurde. Es war ein völlig neuer Stil des Umgangs mit diesem Medium. Insofern könnte man sagen, das Neuzeitliche war nicht nur die Technologie, sondern die Art, wie man damit umging.
Und bei den Katholiken? Bereits im Jahr 1501 hatte Papst Alexander VI. den Grundsatz ausgesprochen, dass nichts, was „dem strengen Glauben zuwider, gottlos und Ärgernis erregend sei“, zum Druck zugelassen werden dürfe. Kirchenmänner zogen offen gegen die „Vielschreiberei und -druckerei“ zu Felde. Da lässt es sich leicht ausrechnen, dass der Buchdruck besonders auch im papsttreuen Fulda argwöhnisch beäugt wurde.
Noch in den Statuten der Adolfsuniversität, also über 200 Jahre nach Papst Alexander VI., war den Studenten der Besitz „gottloser und verbotener“ Bücher untersagt. Dennoch bleibt schleierhaft, warum man gerade in Fulda so lange auf einen eigenen Buchdrucker verzichtet hat. Denn Einsatzmöglichkeiten wären ja durchaus dagewesen. Mit Gutenbergs Erfindung machte man in den ersten Jahrzehnten ohnehin nichts anderes als bei den Handschriften. Was man vorher abgeschrieben hatte, Aristoteles und andere Klassiker der Antike, wurde nun gedruckt. Warum hatte man sich im Kloster Fulda nicht auf seine alte und große Tradition besonnen? Oder später, zur Zeit Luthers? Im Allgemeinen kam damals auch die katholische Kirche nicht umhin, die Propaganda der Gegenreformation dem neuen typographischen Medium anzuvertrauen. In Fulda sucht man danach vergeblich.
Das Geheimnis des "Fuldaer Postreuters"
Schlussendlich darf man nicht vergessen, dass die Stadt, um es mal salopp zu formulieren, damals ein Kaff war. Nach dem Dreißigjährigen Krieg lag die Einwohnerzahl unter 2.000, und das waren einfache Leute. Hätte man damals einen Frankfurter gefragt, warum Fulda keinen eigenen Buchdrucker habe, er hätte vermutlich geantwortet, die Fuldaer seien eben rückständig. „Du Fulder“ als Synonym für Hinterwäldler war in der Buchmesse-Stadt noch bis ins 19. Jahrhundert ein geflügeltes Wort.
Bis hierhin haben wir vor allem die Zeit bis 1670 unter die Lupe genommen, die Null-Phase des Fuldaer Buchdrucks, wenn man so will. Im Folgenden soll nun die Zeit danach beleuchtet werden, in welcher der Buchdruck im Hochstift langsam etabliert wurde. Und wie wir sehen werden, war der Auftakt durchaus vielversprechend … Teil 4 morgen: Ein holpriges halbes Jahrhundert (Matthias Witzel) +++