Entsetzen über AfD-Abschneiden

"Neuer Bundestag wird nicht derselbe sein!" - WK 174: Sieg Brand / CDU 45,2 %

Michael Brand (CDU) mit seiner Frau Melanie siegte im Wahlkreis 174 Fulda / Vogelsberg
Fotos: Hendrik Urbin

25.09.2017 / FULDA - Die Stimmung im Fuldaer Kreishaus ist an diesem Sonntagabend verhalten bis bedrückt und bleibt es auch, je länger die die Ergebnisse dieser historisch bedeutsamen Bundestagswahl über den großen Bildschirm flimmern. Politprominenz und Unterstützer wollen sich hier gemeinsam die Resultate im Wahlkreis 174 anschauen. Eigentlich ist ja schon kurz nach 18 Uhr allen Anwesenden klar, dass die Verluste bei den beiden großen Volksparteien empfindlich ausfallen und die Befürchtung, dass die AfD als drittstärkste Kraft aus dieser Wahl hervorgehen wird, sich bewahrheitet hat. So ist die Lähmung bei den etablierten Parteien mit Händen greifbar.



 Birgit Kömpel hat sich im Griff, aber ihre Enttäuschung über das nicht zu beschönigende schlechte Abschneiden der Sozialdemokareten ist ihr natürlich anzumerken. Fast erleichtert wirkt sie über die schon kurz nach der ersten Hochrechnung aus Berlin signalisierte Entscheidung ihrer Parteizentrale: es wird keinesfalls eine Fortsetzung der großen Koalition in Berlin geben. "Wenn wir nach vier Jahren mit einem so schlechten Ergebnis aus der Regierungsbeteiligung dastehen, dann müssen wir definitiv in die Opposition gehen", bilanziert sie das Ergebnis. 

 Etwas fröhlicher kommentiert Walter Rammler das Abschneiden der Grünen im Bund. Seine Option, tatsächlich in den Bundestag zu kommen, tendierte von vornherein gegen null. Aber das unerwartet gute Ergebnis der Berliner Grünen tröstet den 61-Jährigen, der auch seine erste Wahlkampferfahrung als Kandidat nicht missen möchte: "Unsere Themen betreffen ja die tatsächlichen Problemstellungen vom Klimaschutz bis Tierwohl, das haben meine Wahlkampftermine deutlich gezeigt." Wie wahrscheinlich die sich abzeichnende Jamaikakoalition ist - und wie die Rolle der Grünen in einer solchen Regierung aussehen könnte, kommentiert Rammler mit einem Zitat von Helmut Kohl: Entscheidend ist, was hinten herauskommt! 

 Eindeutiger Sieger dieses anstrengenden Wahlabends ist CDU-MdB Michael Brand, der mit Ehefrau und seinen drei Töchtern ins Kreishaus kommt und von allen Seiten beglückwünscht wird. Natürlich ist auch er ernster, als es von einem so klaren Sieger eigentlich zu erwarten wäre. "Meine Töchter verstehen das natürlich noch nicht so richtig. Für sie war erst mal wichtig, dass ihr Papa gewonnen hat. Dass ich mich über das schlechte Abschneiden der CDU und den Einzug der AfD nicht freuen kann, ist noch zu kompliziert für sie." Angesichts der letzten Äußerung von Herrn Gauland, man werde die Regierung vor sich herjagen, macht sich auch Michael Brand keine Illusionen über den künftigen Umgangston im Parlament. Die nächsten vier Jahre werden für die meisten Bundespolitiker eine fordernde Aufgabe unter veränderten Bedingungen sein. (Carla Ihle-Becker)

 HINTERGRUND:   Der Wahlkreis Fulda ist eine CDU-Hochburg. Seit 1949 wurde immer der Direktkandidat der CDU in den Bundestag berufen. Die traditionell konservative Ausrichtung des Wahlkreises ist sicher auch bedingt durch die hohe Anzahl gläubiger Katholiken. Fulda ist eine katholische Enklave. Der Direktkandidat, der bei der letzten Bundestagswahl die meisten Stimmen erhielt, ist Michael Brand (CDU). Es gibt heute acht Bewerber: Michael Brand (CDU), Birgit Kömpel (SPD), Sibylle von Brunn (FDP), Walter Rammler (Bündnis 90/Die Grünen), Nick Papak Amoozegar (Die Linke), Michael Krebühl (Freie Wähler), Martin Hohmann (AfD) und Martin Kohlhepp (NPD). +++

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