100 Jahre Zündapp
Oldtimertage im „Besengrund“ mit seltenem Janus PKW bei der Ausstellung
Ein echter Hingucker und die Attraktion der Oldtimertage in Gerterode war der Zündapp Janus
Fotos: Gerhard Manns
19.09.2017 / LUDWIGSAU -
Auf dem Festplatz an der Landstraße 3254 in der Ortsmitte des Besengrunddorfes des Ludwigsauer Ortsteiles Gerterode, Kreis Hersfeld-Rotenburg, war für drei Tage wieder Treffpunkt für viele Freunde alter Karossen, Motorräder und Schlepper. Am Freitag trafen die ersten Aussteller in Gerterode ein. Am Abend traf man sich dann in gemütlicher Runde zu den traditionellen „Benzin-und Dieselgesprächen“. Am Samstag ging es weiter mit der Veteranen-Traktoren-Rallye und am Sonntagmorgen startete die Oldtimerrallye. An allen Tagen konnten die Besucher die teilweise sehr alten Blechkarossen auf dem Festplatz in Augenschein nehmen und von den stolzen Besitzern alle Informationen über ihre Oldies erhalten.
Die traditionelle Veranstaltung findet schon zum 17. Mal statt und wird vom Verein der Oldtimerfreunde Besengrund e.V. organisiert. Wie in jedem Jahr waren auch diesmal wieder viele Oldtimerfreunde nach Gerterode zum großen Oldtimerspektakel gekommen. In diesem Jahr standen die drei Tage unter dem Motto „100 Jahre Zündapp“. Dazu gab es eine Sonderausstellung am Samstag und Sonntag mit Zündapp Motorrädern, Mopeds und einem Zündapp PKW.
Der im Jahr 1958 hergestellte Janus entwickelte sich während der Ausstellung zum absoluten Hingucker in diesem Jahr. Von diesen PKW wurden in den Jahren 1957 und 1958 nur ca. 6902 Stück hergestellt. Heinrich Igelbrink von den Oldtimerfreunden Besengrund war es gelungen, den Besitzer eines solchen, mittlerweile sehr seltenen Vehikels, ausfindig zu machen. Es handelte sich um Manfred Feik aus dem Niedersächsischen Bramsche, der mit seinem „Janus“ nach Gerterode gekommen war und den staunenden Besuchern viele technische Fragen zu seinem Liebling beantworten musste. Wie Manfred Feik auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS mitteilte, sind von diesem Zündapp PKW noch ca. 200 bis 400 Europa-und Weltweit vorhanden, davon noch ca. 40 für den Straßenverkehr zugelassen.
Die technischen Daten des Zündapp Janus:
Motor: Einzylinder-Zweitaktmotor, 26-mm-Fallstromvergaser, liegender Zylinder mit Gebläsekühlung, Hubraum: 248 cm³, Bohrung × Hub: 67 mm × 70 mm, Verdichtung: 6,8:1 (7:1), Leistung: ca. 14 PS bei 5000/min (5200/min), Getriebe: Ziehkeil-Getriebe mit 4 Vorwärtsgängen und 1 Rückwärtsgang, Ratschenschaltung mit Handhebel, Radaufhängung vorn: geschobene Schwingen mit Federbeinen, Stabilisator, Zahnstangenlenkung, Radaufhängung hinten: Pendelachse mit Schraubenfedern
Länge: 2890 mm (2860 mm), Breite: 1410 mm (1400 mm), Höhe: 1400 mm (1380 mm)
Radstand: 1825 mm, Spurweite vorn/hinten: 1150/1180 mm, Reifengröße: 4.40–12
Leergewicht: ca. 425 kg, Zuladung ca. 300 kg, Höchstgeschwindigkeit: ca. 80–85 km/h
In Klammern Daten des Prototyps laut Prospekt von 1956.
Eine weitere Rarität fand man bei den ausgestellten Schleppern. Hier handelte es sich um einen im Jahr 1956 bei den Rotenburger Metallwerken (RMW) hergestellten Schlepper vom Typ „Lippe“ mit 40 PS Motorleistung. Im RMW Werk wurden damals die Typen „Fulda“ mit 15 PS, „Werra“ mit 17 PS und „Weser“ mit 24 PS hergestellt. Von allen vier Typen wurden ca. 90 bis 100 gebaut aber die Produktion wurde schon bald eingestellt. Stolzer Besitzer von je einem RMW Schleppertyp ist Gerhard Conrad aus dem Bebraer Stadtteil Gilfershausen.
Den in Gerterode ausgestellten RMW Schlepper Typ „Lippe“ hat er nach jahrelangen Nachforschungen in Österreichs Hauptstadt Wien gefunden und nach langwierigen Verhandlungen mit dem damaligen Besitzer in seinen Heimatort Gilfershausen holen können. Alle vier RMW Schlepper von Gerhard Conrad sind Fahrbereit. Ein weiterer Hingucker war ein russischer Schwimmwagen Baujahr 1952, der im Automobilwerk der damaligen UDSSR Gaz-Gorki hergestellt wurde. Gleich nebenan standen zwei Britische Militärjeeps der Marke Austin Champ, Baujahr 1954 mit Rolls Royce Motor, Allradantrieb und 72 PS.
Ein Chevrolet, Baujahr 1956 mit 140 PS Motorleistung stand neben vielen anderen Oldies zur Besichtigung bereit und wie sagte ein älterer Herr dazu, „ für diese Spritschlucker verwendete man damals den Begriff „Ammi Schlitten“. Auch ein Gefährt der ehemaligen Deutschen Wehrmacht war vertreten, eine Zündapp Seitenwagenmaschine, Baujahr 1943 mit 27 PS und im Original Zustand, selbst das Nummernschild auf dem vorderen Schutzblech mit WH-51803 war noch vorhanden. Auch in diesem Jahr dürften in Gerterode für alle Oldtimerfans wieder interessante alte Karossen dabei gewesen sein und man darf gespannt sein, was sich die Oldtimerfreunde Besengrund für die Oldtimertage 2018 alles einfallen lassen.
Gegründet wurde das Unternehmen Zündapp von Fritz Neumeyer während des ersten Weltkrieges als „Zünder- und Apparatebau GmbH“, welche zunächst Zünder für Artilleriegeschosse fertigte. Das erste Motorrad, eine Zündapp Z 22, wurde im Jahr 1922 als „Motorrad für Jedermann“ auf den Markt gebracht. Mit diesem Werbeslogan identifizierte sich die Marke Zündapp auch weiterhin. Zündapp gehörte am Ende der 1930er- Jahre, nicht nur aufgrund seiner hervorragenden Zweitakt-Konstruktionen sondern auch mit dem Gedanken das Optimum für den Alltag zu schaffen ohne dabei den Fahrspaß zu vergessen, zu den Top Five der europäischen Motorradindustrie. Zunächst befanden sich die Produktionsstandorte in Deutschland: Nürnberg und München waren bis zum Jahr 1984, in dem das gesamte Werk nach China verkauft wurde, die Hochburgen der Marke Zündapp. Ausgezeichnet hat sich das Unternehmen durch seine langlebige Qualität und den sehr bemühten Kundendienst, sollte doch mal etwas den „Geist aufgegeben“ haben. Die qualitativ hochwertige Arbeit findet heutzutage wieder immer mehr Anklang bei Liebhabern und Interessierten, die teilweise verkommenen Maschinen wieder liebevoll herzurichten und auf den Straßen dieser Welt zur Schau zu stellen. (gm)
Sehen Sie im Folgenden weitere Bilder von unserem O|N-Fotografen Gerhard Manns. +++