"Noch nie so schlimme Verletzungen gesehen"

Je 2 Jahre, 4 Monate wegen gefährlicher Körperverletzung gegen Rotlicht-Opfer

Die beiden Angeklagten ...
Fotos: Julius Böhm

29.08.2017 / Fulda - Nach mehrstündiger Verhandlung fiel heute das Urteil gegen die beiden aus Rumänien stammenden Angeklagten vor dem Fuldaer Amtsgericht: trotz unterschiedlicher Tatbeteiligung wurden alle beide wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung zu je zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Mit dieser Strafzumessung blieb das Gericht unter der Forderung des Staatsanwalts, der für den Angeklagten C. wegen dessen Messereinsatzes drei Jahre und zwei Monate und für den geständigen Angeklagten B. zwei Jahre und fünf Monate gefordert hatte. Die drei Verteidiger hatten jeweils auf eine Bewährungsstrafe von unter zwei Jahren plädiert. "Ich habe noch nie so schwerwiegende Verletzungen gesehen", hatte der Richter konstatiert.



Was sich tatsächlich in den frühen Morgenstunden in einer Pension in Eichenzell-Lütter abgespielt hatte, konnte das Gericht nach den Aussagen der Opfer als gesichert ansehen. Am 8. März dieses Jahres hatte eine Zeitungsausträgerin zwei blutüberströmte Personen mitten auf der Straße gefunden. Der Mann und die Frau im Alter von 21 und 22 Jahren waren schwer verletzt und kamen umgehend ins Krankenhaus. Besonders die junge Frau, die als Prostituierte in einem nahe gelegenen Bordell arbeitete, war brutalst mit Faustschlägen, Fußtritten und einem Messer zugerichtet worden. Auch ihr Lebensgefährte und ein weiterer rumänischer Bewohner der Pension waren mit Schlägen und Tritten schwer verletzt worden. Allen drei Opfern waren die beiden Täter namentlich bekannt, was noch am selben Abend zu deren Verhaftung bei Passau führte. Beide hatten versucht, sich mit zwei weiteren Prostituierten ins Ausland abzusetzen. Seither sitzen beide in Untersuchungshaft.

Heute Vormittag hatte der medizinische Sachverständige ausführlich zu den diversen Verletzungen der drei Opfer und zum vermuteten Alkoholkonsum der beiden Angeklagten vor der Tat Stellung genommen. Er schloss dabei nicht aus, dass die Attacken vor allem "bei dem dynamischen Tatgeschehen und den gegen das Leben gerichteten Schnitt- und Stichverletzungen zum Tod der jungen Frau" hätten führen können.  Auch die massiven Schläge gegen den Kopf der beiden Männer hätten Hirnblutungen verursachen können. Die Alkoholwerte der Angeklagten zwischen 1,5 und 4,2 Promille könnten nur Schätzangaben sein, weil deren exakter Konsum, ihr Körpergewicht und ihr bisheriges Trinkverhalten nicht genauer zu bestimmen seien. 

Die beiden Angeklagten sind eigenen Angaben zufolge Cousins. Sie hatten sich im Lauf der Verhandlung gegenseitig als Hauptschuldigen bezichtigt. Angeblich hatte eine vorhergehende Ruhestörung der späteren Opfer in der gemeinsam bewohnten Pension zu dem brutalen nächtlichen Überfall geführt. Das Gericht sah sich trotz intensiver Opfer- und Zeugenbefragung außerstande, die wahren Hintergründe der Tat zu erruieren. "Wir nehmen zu Gunsten der Angeklagten an, dass nicht etwas so Banales wie eine Ruhestörung zu diesem brutalen Gewaltexzess geführt hat", sagte Richter Szymon Mazur bei der Urteilsbegründung. Was das wahre Motiv angehe, stehe Prostitution, Schutzgelderpressung und/oder Schulden im Raum - "wir wissen es nicht und sollen es wohl auch nicht wissen." Die junge Frau  sei bis zur Unkenntlichkeit zugerichtet worden und verdiene schließlich ihr Geld mit ihrem Körper.

Strafmildernd für die Angeklagten wertete das Gericht das Teilgeständnis des einen, dass keiner von beiden bereits straffälig geworden war und deren Versuch, den Opfern Schmerzensgeld zu zahlen. Die Anwälte ließen zunächst offen, ob sie gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen wollen. "Bei einem Strafrahmen so nah an der Bewährungsgrenze liegt das aber nah", sagte einer der Rechtsanwälte. (Carla Ihle-Becker)+++

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