"Hätte nie daran gedacht"

So erobert Max Giesinger endlich die Festspielbühne - 1.300 begeisterte Fans


Fotos: Hans-Hubertus Braune

23.08.2017 / BAD HERSFELD - Er ist der Typ für große Stadien - vornehmlich gefüllt mit der berüchtigten "Generation Y"- und das ist definitiv als Kompliment gemeint. Seit er letztes Jahr noch als Support von Johannes Oerding in der Stiftsruine in Bad Hersfeld auftrat, hat sich Max Giesinger selbst zu einem der populärsten Künstler der deutschen Musikszene gemausert. Damals, so sagt Giesinger am Dienstagabend bei seinem ersten ganz eigenen Konzert in der Stiftsruine, hätte er nie daran gedacht, dass er einmal als Hauptact hier auftreten würde. Doch nach mehreren Jahren Straßenmusik mit seinem besten Freund und zahllosen Auftritten vor kleinsten Zuschauergruppen, kam mit seiner Single "80 Millionen" 2016 der große Durchbruch des 28-Jährigen. 



Und nun steht er am Dienstag da, wo er sich noch vor einem Jahr nicht gesehen hatte: die Ruine ausverkauft, alle Wiesen im Stifsbezirk belegt mit hunderten Zaungästen auf Picknickdecken gleichzeitig noch eine Live-Übertragung in die Schildehalle - Max Giesinger hat Bad Hersfeld wirklich für sich eingenommen. Wie so viele Städte in Deutschland zuvor. Glaubhaft versichert er: "Das ist eine der schönsten Locations, die es hier in Deutschland gibt." Die kenne nämlich sogar seine Oma - und wenn Oma das schon sagt...

Die Zuhörer sind nicht nur seine eigene Generation, wenngleich die stark vertreten ist, sondern ein durchmischtes Publikum von geschätzten acht bis 80 Jahren. Und die müssen, bis es losgeht, ein Weilchen warten. Denn Giesinger gönnt sich den großen Auftritt. 


Seltene Ehre für den Support

Als Support hat er Chris Brenner, einen vielversprechenden jungen Kollegen mitgebracht. Der entspringt auch der Generation Y, die mit den neuen Medien aufgewachsen ist und - so wie Brenner - mit ihnen auch oftmals ihren beruflichen Weg startet. Der gebürtige Amerikaner veröffentlicht seit 2011 Coverversionen seiner Lieblingssongs auf einem eigenen Youtube-Kanal und hat sich damit in Deutschland bereits eine eigene Fanbase aufgebaut. Seit 2014 veröffentlicht der 21-Jährige auch eigene Songs über die Videoplattform.

Bei seinem Auftritt setzt er auf ein Konzept, das auch bei international erfolgreichen Künstlern wie Ed Sheeran funktioniert. Allein mit seiner Gitarre und einer Loop-Station steht er vor den rund 1.300 Besuchern in der Stiftsruine. Er baut mit ihnen zusammen seine Songs auf und überzeugt neben seiner musikalischen Leistung mit viel Humor und sympathischem Auftreten. "Ist auch ungewohnt, dass niemand redet", bekennt er während seines Auftritts. Stimmt, denn ihm wird etwas zuteil, was nicht viele Supportacts bekannter Künstler ernten: die ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuhörer. Bereits beim ersten Song klatscht und singt das Publikum mit und spendet Chris Brenner nach seinem rund halbstündigen Auftritt sogar Standing Ovations und "Zugabe"-Rufe. 

So lang in etwa dauert es auch, bis die Menge danach endlich Max Giesinger zu sehen und hören bekommt. Mitten in der Menge tritt er plötzlich auf und bahnt sich genüsslich seinen Weg zur Bühne. Mit rauchig-kerniger Stimme und Wuschelkopf schleicht er sich in die Herzen von Jung und Alt. Wie das so einfach geht? Maßgeblichen Anteil daran haben wohl auch seine Themen. Die nämlich treffen das Publikum mitten ins Herz. Giesingers Songs sind wild und zart, melancholisch und euphorisch. Sie erzählen die Geschichten seiner Generation - der 20- bis 30-Jährigen - aber sind gleichzeitig so alltäglich, dass sie sie auch mit Älteren und Jüngeren verbinden.


Er kann auch anderes

Neben eigenen Songs spielen Giesinger und seine Band - allesamt langjährige Begleiter des Künstlers - auch einige kurze Mashups mit Songs anderer Künstler. Bruno Mars' "Treasure" schleicht sich zwischenzeitlich ein. Ebenso "Get Lucky" von Daft Punk. 

In knapp eineinhalb Stunden Show sucht Giesinger auch immer wieder den direkten Kontakt zur Menge. Er wandert die Tribüne auf und ab, lässt die Zuschauer mitmachen. Auch mit den Fans vor der Ruine und in der Schildehalle kommuniziert er, ruft sie und erfreut sich der lautstarken Antwort. Höhepunkte sind "Nicht so schnell", dass er allein am Klavier beginnt, sowie seine aktuelle Single "Roulette" und die beiden vorherigen Erfolge "Wenn sie tanzt" und "80 Millionen". Letzteres bildet auch deshalb ein Highlight, weil drei junge Zuhörer als Chor auf die Bühne kommen dürfen. Noch kurz zuvor hatte Giesinger bekannt: "Das fühlt sich an, als würden wir hier so ein MTV Unplugged spielen." Spätestens beim Zusammenklang dieses kleinen Chores mit Akustikgitarre, Schellenkranz und Melodika dürfte sich dieser Eindruck auch bei den Fans eingestellt haben. 

Zwei Zugaben fordert das begeisterte Publikum am Ende der Show ein. Standing Ovations und Jubel bestätigen: Max Giesinger hat sich seine Bühne in Bad Hersfeld wirklich erobert. (Sabrina Ilona Teufel) +++

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