Alkoholabhängigkeit in der Familie
Kinder bekommen mehr mit als man denkt: Frühzeitig Hilfe suchen
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17.08.2017 / FULDA -
Nach einer Schätzung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen sind rund zehn Prozent der Bevölkerung alkoholgefährdet. Die Zahl der Alkoholkranken wird mit 2,5 Millionen Personen angegeben. Ist ein Mitglied der eigenen Familie alkoholabhängig, leidet die ganze Familie. Alle Hebel werden in Bewegung gesetzt, um den Alkoholkonsum unter Kontrolle zu bringen.
Man schüttet den Alkohol weg, versteckt alkoholische Getränke, die Familienmitglieder suchen nach den heimlichen Alkoholvorräten, bitten, fordern, schimpfen, drohen, beschuldigen. Denken, Fühlen und Handeln drehen sich fast nur noch um den Alkoholkonsum. Immer neue Versuche werden unternommen, den Betroffenen von der Sucht wegzubringen, immer neue Hoffnungen werden geweckt, und die Familie erlebt immer neue Enttäuschungen. Das Thema Alkoholismus wird zum Mittelpunkt des gesamten Familienlebens. Die Gefühle der Familienmitglieder ähneln denen des Abhängigen. Auch sie fühlen sich hilflos, schuldig und frustriert. Hinzu kommen im Laufe der Zeit Ärger und Wut, denn alle Bemühungen, beim Betroffenen Abstinenz zu erreichen, führen zu keinem befriedigenden Ergebnis. Versprochene Änderungen sind meist nur von kurzer Dauer, und alsbald beginnt das Spiel von neuem. Der Alkoholiker trinkt wieder. Es ist ein Teufelskreis.
Auch die in der Familie lebenden Kinder sind betroffen, selbst wenn die Erwachsenen denken, dass sie nichts mitbekommen. Viele Eltern versuchen, die Problematik vor dem Kind geheim zu halten, um es zu schützen. Kinder bekommen aber mehr mit, als man denkt. Sie können ihre Ängste und Nöte nur nicht so ausdrücken, sondern leiden still. In einer solchen Situation sind Kinder oft auf sich allein gestellt. Der Alkoholkranke ist mit sich und seiner Sucht beschäftigt, der Partner tiefgreifend in die Ko-Abhängigkeit verstrickt und gleichzeitig bemüht, das Familienleben aufrecht zu erhalten, dass kaum Zeit und Kraft für sie bleibt. Viele Kinder versuchen dann, ihre Eltern (besonders den trinkenden Elternteil) in Schutz zu nehmen, und übernehmen Aufgaben in Haushalt und Familie, die sie altersmäßig überfordern. Sie bringen keine Freunde mehr mit, weil sie sich schämen, und isolieren sich dadurch zusätzlich. Sie werden zu „kleinen Erwachsenen“, eine eigene Kindheit findet kaum mehr statt.