Betriebsrat will Werk retten

Wella kommt Coty-Konzern entgegen und will 100 Stellen abbauen

Betriebsratsvorsitzender Norbert Herr.
Foto: Julius Böhm

01.08.2017 / HÜNFELD - Wenn ein Betriebsrat dem Arbeitgeber die Entlassung von 100 Beschäftigten anbietet, dann muss die Not schon groß sein - so wie derzeit beim Wella-Standort in Hünfeld. Dieser war erst im vergangenen Oktober von Procter & Gamble an den Parfüm- und Kosmetikkonzern Coty verkauft worden, der das Hünfelder Werk nun schließen will. "Auf uns lastet eine große Bürde", sagte Betriebsratvorsitzender Norbert Herr am Dienstag gegenüber OSTHESSEN|NEWS.



Die Krux bei dem Verkauf im letzten Jahr sei ein besonderer Deal gewesen, der jedwede Verbindungen zwischen Procter & Gamble und Coty verbietet. Norbert Herr: "Alles, was wir früher für Procter & Gamble hergestellt haben, ist uns in der Produktion weggebrochen. Das sind immerhin 35 Prozent." Und wenn weniger produziert werde, müsse eben die Mitarbeiterzahl angepasst werden, so der Betriebsratsvorsitzende über das ungewöhnliche Angebot, ein Viertel der etwa 400 Stellen abbauen zu wollen. "Erst wenn wir wieder wirtschaftlich arbeiten und Coty dann die Produktpalette sukzessive erweitert, kann man wieder an Personalaufstockung denken."

Ob der Coty-Konzern, der der Familie Reimann - einer der reichsten deutschen Familien - gehört, sich auf das Angebot aus Hünfeld einlässt, steht indes in den Sternen. "Wir hatten jetzt schon mehrere Verhandlungsrunden und sind bis zur obersten Heeresleitung vorgedrungen", sagt Norbert Herr und meint damit Peter Harf, den "großen Macher" bei Coty. Noch für August sei eine Entscheidung angekündigt. Insgesamt habe der Betriebsratsvorsitzende aber eher den Eindruck, Coty habe sich "festgefahren. Die kommen immer wieder mit dem Argument der erhöhten Personalkosten."

Dass die Belegschaft Norbert Herr für seinen unpopulären Vorschlag nicht gesteinigt hat, sondern ihn sogar mit Applaus bedachte, zeugt von dem uneingeschänkten Vertrauen der Hünfelder in ihren Betriebsrat. "Wir haben das Modell umfassend auf seine Wirtschaftlichkeit hin durchgerechnet", so Norbert Herr. "Ich bin jetzt 62 Jahre und habe als Betriebsratsvorsitzender zu 99,5 Prozent das Richtige für meine Mitarbeiter getan. Die Leute wissen, dass sie sich auf mich verlassen können." (mw) +++






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